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[ Band 2 Brief 130: Caroline an Humboldt 25. Januar 1805 ]
und Humboldt glaubte sich niemals wieder von dieser teuren Stätte trennen zu können. Nichts zog ihn in die Heimat zurück: Schiller war nicht mehr. Humboldts sehnende Gedanken nach diesem reinen, hohen Geist, dem er sich verwandt gefühlt wie keinem sonst, hatten kein irdisches Ziel mehr. Wohl war Humboldt mit jeder Faser seines Wesens deutsch. Er liebte die Deutschheit, deutsche Kultur und Sitte, er stellte die deutsche Sprache über alle anderen, aber eine Vaterlandsliebe in unserem heutigen Sinne hatte er nicht, konnte er nicht haben. Die wurde auch in ihm erst in jener schweren Zeit geboren, die erwuchs erst mit seinem eigenen Ringen um Preußens Existenz, Preußens Größe. Dennoch hatte er sofort, als das Verhängnis über Preußen hereinbrach, die Pflicht empfunden, persönlich für das Vaterland einzutreten und sich im Herbst 1806 seiner Re- gierung für eine Stellung, in der er nützlicher sein könne als in der gegenwärtigen, zur Verfügung gestellt. Mehrfach wiederholte er dieses Anerbieten, ohne jedoch abberufen zu werden. Längere Zeit ohne Gehalt, fast ohne Zinsen seines Vermögens, ohne Zulage vom Vater Dacheröden, dessen Güter der Krieg ver- wüstete, sah sich Humboldt auch pekuniär in schwieriger Lage. Sein in Polen angelegtes Vermögen war schwer gefährdet. Wollte er es nicht ganz verlieren, so mußte er sich eingehender darum kümmern, als dies aus der Entfernung möglich war. Dazu kamen des alten Dacheröden dringende Bitten, ihn zu besuchen, um noch wichtige Dispositionen zu treffen. Er hatte im Januar 1806 seinen einzigen Sohn verloren, und da dieser kinderlos verstorben war, entstand in dem alten Herrn der Wunsch, den Namen Dacheröden in seinem Enkel fortleben zu sehen. Auch erschien es notwendig, Vorkehrungen zu treffen, daß bei seinem Tode der Tochter das Erbrecht auf die Güter, als Manneslehen, nicht bestritten würde. So waren es schließlich persönliche Gründe, die 299