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[ Band 2 Brief 123: Caroline an Humboldt Lyon, 1. Januar 1805 ]
denkt nach Neapel zu gehn. Suche Dir doch einen Urlaub zu ver- schaffen, mein liebster Wilhelm, und ihn dahin zu begleiten. Ich werde indessen sehr sorgsam das Haus und die Kinder bewachen. Man sagt mir allgemein hier, daß der Übergang über den Cenis gar nicht so schwierig und im Sommer oft schlimmer sei als im Winter, wo der Weg eben und gleich ist. Die Kinder werde ich auf jeden Fall tragen lassen, da es sowohl die sicherste als die wärmste Art ist, hinüberzukommen. Nun lebe wohl, mein geliebter Wilhelm, bald schließe ich Dich wieder an meine treue Brust. 124. Humboldt an Caroline Rom, 5. Januar 1805 Der erste Brief, den ich in diesem Jahre von Dir bekommen, liebe Li, bestimmt mir auch Deine Abwesenheit aus Paris, und diesmal auf eine Art, die mir Gewißheit verspricht. O! ich wußte wohl, daß Du nicht schuld warst, wenn Du länger zögern mußtest. Ja, einzig liebes, teures Wesen, komm, Dich in meinen Armen auszusprechen und auszuweinen. Ich verstehe Dich gewiß, kein Laut Deines Herzens ist mir fremd, und im ersten Moment unseres Wiedersehens wirst Du in meinem Blick die unendliche Liebe wieder- finden, die ich immer gleich treu und gleich stark für Dich bewahrt habe. Auch ich, meine teure Seele, habe Deine Abwesenheit tief gefühlt. Wie man es auch anfangen mag, immer bleibt eine un- aussprechliche Leere und Öde im Herzen, wenn sich die Liebe nicht aussprechen läßt. Meine Gedanken waren immer und ununterbrochen bei Dir, aber oft war es mir kaum möglich, die Heftigkeit der Sehnsucht still zu ertragen. Wie ich mich auf Dich freue, kann ich Dir eigentlich nicht sagen. Alles an Dir wird mir neu sein, und 290