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[   Band 2 Brief 117:    Humboldt an Caroline    Rom,  21. November 1804   ]


117. Humboldt an Caroline                      Rom,  21. November 1804

Dies, liebe, teure Li, ist die schlimmste Zeit unsrer Trennung,
und ich sehne mich unglaublich nach Deiner Zurückkunft.
Solange ich Dich in Paris glauben konnte, hatte ich doch
einen sicheren Ort, Dich mir zu denken; jetzt bin ich seit sechzehn
Tagen ohne alle Nachricht von Dir. Die französische Post ist, ver-
mutlich weil sie nicht durch Toskana kommen kann, seit so lange nicht
angekommen. Der letzte Brief, den ich von Dir und Kohlrausch habe,
ist vom 14. und 15. Oktober. Damals wolltest Du in den ersten
Tagen des November abreisen, seitdem weiß ich nichts. Ich denke
Dich mir jetzt ungefähr in Turin. Ich erwarte jetzt kaum entscheidende
Briefe über Deine Reise als durch die mailändische Post. Es ist
schon hier ordentlich kalt, wie wird es Dir und den Kleinen gehn?
Doch verlasse ich mich auf Deine Konstitution und auf Kohlrauschs
Sorgfalt. Auch die Kammerjungfer ist mir ein großer Trost. Ich
habe gestern Marino verlassen. Es sind zwar gerade jetzt schöne
Tage, schönere als vorher, aber auch kalte Tramontane, und das Haus
war so schlecht, daß in zwei Stuben, in denen aber natürlich niemand
schlief, keine Fensterscheiben, sondern bloße Laden, recht echt spanisch,
waren. Der alte Baron *) hat mit eigener Hand zwei Papierfenster
gemacht. Die Kinder kommen heute. Ich konnte nicht mit ihnen
gehn, weil ich einen Tag früher hier sein mußte, ein wenig für
ihren Empfang zu sorgen. Aber sie haben Vicenza, Wunsch und
den alten Baron zur Aufsicht und ein himmlisches Wetter. Ach!
der Peter und der kleine S. Carlo, wie Adelheid immer sagte, da
sie noch Deutsch sprach, werden Dich doch wieder freuen. Und die
Kinder und ich will Dir suchen, liebes holdes Wesen, das Leben
recht süß und leicht zu machen. Ich war vorgestern noch zum letzten-
mal auf dem Capucinum bei Albano, um unser Kasino in L’Ariccia zu

———
*) Vgl. S. 267.

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