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[ Band 2 Brief 104: Caroline an Humboldt [Paris], 12. September 1804 ]
Alexander schreibt Dir heute nicht, weil er nicht Zeit hat. Er liest heute zum erstenmal den Anfang einer Reisebeschreibung im Institut vor, welche eigentlich nur ein Prospektus seiner Reise ist. Von zwölf bis drei Uhr hat Alexander beinahe täglich viele Menschen bei sich, um seine Sammlungen, Zeichnungen usw. zu besehen. Ich habe mich beinahe entschlossen, bis zwei Tage nach der Krönung, d. h. bis zum 12. November, zu bleiben. Alexander bittet mich dringend darum und macht mir Hoffnung, daß er dann vielleicht mit mir gehn kann, und alle Leute finden es ganz ridikül, eine so merkwürdige Sache wie die Krönung nicht sehen zu wollen. Freilich komme ich um einen Monat später zu Dir, und Gott weiß, wie weh mir das tut. Adieu, Geliebtester. 105. Humboldt an Caroline Marino, 18. September 1804 Ich habe gestern zwei Deiner lieben Briefe auf einmal be- kommen, teure Li, und diesmal sind sie wie sie sollten ge- gangen. . . . Das Wetter ist himmlisch, des Morgens schon sehr frisch, die Sonne, wenn es nicht hoch Mittag ist, ordent- lich angenehm, die Untergänge himmlisch, die Farben der Berge so, daß jede Gegend in andern Ländern, deren ich mich erinnere, farblos erscheint. Beinah hätte ich Freitag den Entschluß gefaßt, auf zwei Tage nach Neapel zu gehn. In sechs Tagen war die ganze Reise gemacht. Aber ich tue es nicht. Ich bin dann sechs Tage den Kindern unerreichbar, und was kann in sechs Tagen vorfallen! Πολλὰ μέταξυ κυλίκος κὰι χέιλεός ἐστιν.*) Sonst ist jetzt in Neapel zu sehen, was vielleicht in vielen Jahren nicht wiederkommt, der Vesuv ——— *) Vieles ist zwischen Kelch und Lippe. 251