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[ Band 2 Brief 104: Caroline an Humboldt [Paris], 12. September 1804 ]
So denke ich, ist alles leidlich eingeleitet, und er wird, denke ich, bald und angenehme Nachrichten von Berlin bekommen. Die Kaiserin hat ihm ein sehr schönes Kupferwerk ihrer Pflanzen in Malmaison zugeschickt, und er hat ihr schriftlich dafür gedankt und mir und Schlabrendorff erst das Konzept seines Briefes gezeigt. Den 16. September Mit dem besten Willen komme ich immer nicht dazu, Dir so viel zu schreiben, wie ich es eigentlich wünschte, mein teurer Wilhelm. Alexander fährt fort, den größten Effekt hier zu machen. Er ißt selten bei mir seit den ersten Tagen seines Hierseins, weil alle ihn haben wollen. Manchmal aßen wir freilich auch zu- sammen aus; so letztens zweimal bei der Delambre und einmal bei Souzas, *) künftigen Mittwoch bei Lucchesinis. **) Wegen Berlin muß ich den Alexander beständig zügeln, ich spiele mit ihm eine ordentliche Hofmeisterrolle. Seine Sammlungen sind ungeheuer; alles zu bearbeiten, vergleichen, alle Ideen auszuspinnen, die ihm gekommen sind, braucht er wenigstens fünf bis sechs Jahre. Wenn es nur in Rom mehr Hilfsmittel, Bibliotheken u. dgl. gäbe, würde die Lokalität des Orts, die Stille und Größe sehr wohltätig auf ihn wirken, allein so wird es doch nicht gehn. Wir werden ihn nur einige Monate haben, und Alexander ist es nicht gut, ganz un- gezügelt sich selbst überlassen zu bleiben. Für seinen Charakter, für seinen inneren Menschen ist mir eigentlich bange. Ach, welch ein stilles, großes Wesen bist Du mir dagegen, mein geliebter Wilhelm. Wer Dich tief erkennt, der fühlt auch in Dir das ewig sich gleiche Streben nach dem Höchsten; der empfindet Dich nur bewegt von diesem und also auch unbeweglicher gegen die Zufälligkeiten des Lebens. Wenn meine Liebe mich je nicht mehr an Dich halten könnte, so würde es Deine Größe. ——— *) Portugiesischer Gesandter in Paris. Mme. de Souza, geb. Gräfin Flahaut, war Schriftstellerin. — **) Preußischer Gesandter in Paris. 250