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[   Band 2 Brief 91:    Humboldt an Caroline    Marino, 8. August 1804   ]


einen Seite liegt in einem tiefen Tal eine Papiermühle und eine Eisen-
hütte. Nun gerade über diesem Tal, auf einem hohen Berge, aber
ganz vom Wege ab und nach Marino zu, liegt eine Vigne, in der
noch viel altes Mauerwerk ist. Da stand ich und konnte mich nicht
satt sehen an der Gegend. Zu meinen Füßen war dicht das tiefe
Tal mit dem schäumenden Bach und einem schönen Kastanienwald
an der Mühle, dann die ganze Reihe der schön bepflanzten Hügel
bis Fraskati, auf der andern Seite Monte Cavo mit den Bergen,
die Du kennst, und gegenüber Rom und das Meer. Die Sonne
ging eben unter am ganz reinen Himmel, ohne ein Gewölk. Es war
unmöglich, etwas Majestätischeres zu sehen, und das magische Dämmer-
licht, das gleich nachher alle Gegenstände überzieht. Ich dachte es
mir so lebhaft, daß auch Du vielleicht die Sonne jetzt untergehn
sähest von einer der Brücken aus. Es gibt wirklich kaum einen
schöneren, freundlicheren, tröstenderen Gedanken, als daß in jeder
Trennung, in jeder Entfernung wenigstens dieselben Gestirne über
unsern Häuptern hinwandeln. Je mehr ich aber das Land kenne,
destomehr komme ich von der Vorliebe für einen Ort zurück. Wo
man hingerät, ist ein unbegreiflicher Reichtum neuer und schöner
Ansichten.
Wilhelms Todestag ist jetzt recht nah. Gott! alle Jahreszeiten
sind nun über sein Grab gegangen, sein Tod wird schon so fern.
Die Zeit verbittert den Schmerz unendlich, ich weiß nicht, was die
fühlen, die in ihr eine Linderung finden. Heute ist ein Mittwoch,
und einen Mittwoch nahm er zum letztenmal von mir Abschied. Der
wahre Jahrestag aber ist erst übermorgen davon. Du denkst gewiß
auch an nichts anderes in dieser Woche.
Lebe wohl, geliebtes und teures Wesen, innigst wohl, umarme
alle Kinder und grüße Kohlrausch. Ewig Dein H.

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