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[   Band 2 Brief 73:    Humboldt an Caroline    Rom, 19. Mai 1804   ]


aus Schonung für Theodor, für Kohlrauschens Besorgnisse, der
arme Wilhelm fast aus unsern Gesprächen verbannt war. Du bist
stark und bist nicht so, das weiß ich, Dich und mich wird der Ge-
danke an den Verlust nur spornen und stärken. Mich hat er recht
eigentlich gestählt. Es heißt mit rascher Hand in die Wunde des
Lebens greifen, wenn man so einen Verlust ganz fühlt, und wund
ist immer auch das glücklichste Leben. Wenn es nicht schmerzen soll,
will es nur halb berührt sein. Es ist nicht, daß man litte, aber
daß man sehen muß, daß das Schönste getrübt ist, daß man es
auch mit dem besten Willen nur immer halb genießt, daß man von
allen göttlichen unendlichen Gestalten nur Schatten sieht und nur
Schatten ist, das ist das Entsetzliche. Ich bin so zufrieden mit
meinem Leben, daß ich nicht einen Tadel weiß. Ich habe Dich ge-
funden, mit der ich sein kann wie mit mir selbst, und aus der ich
immer besser und stärker zurückkehre. Ich habe schöne, muntere,
frohe Kinder hier und einen dort — wenn es ein Dort gibt —, der
mich gewiß liebt wie ich ihn. Aber wenn ich denke, was vielleicht
unsern jetzigen Kindern selbst bevorsteht, wieviel Du, liebe Gute,
leidest und schon gelitten hast, wie mit aller Liebe, mit aller Sorg-
falt, unter glücklichen Umständen selbst, ich so manchen Schmerz Dir
nicht habe sparen, Dich nicht so glücklich machen können, wie manche
kleine Umstände, am meisten das zum Leben nötige leidige Treiben,
uns selbst gehindert haben, nur uns und unsre Liebe recht zu
genießen, so wird es mir oft weh. Aber ich komme dann auf
Deine tiefe Weisheit zurück. Sich ans Große und Lebendige halten,
Schmerz nicht achten, und leben, um das tiefste Menschliche zu fühlen
und in sich zu tragen. Und wenn Du mir nur bleibst. Vom Zu-
stand ohne Dich, sagte ich Dir schon neulich, habe ich keinen Begriff
und mag ich nie einen haben. Auch ahnde ich, wird uns das Schicksal
darin günstig sein. Ehe unsre Kinder nicht groß sind, stirbt keiner von
uns beiden, gib acht. Das Schicksal richtet sich nach dem inneren

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