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[ Band 2 Brief 64: Caroline an Humboldt Erfurt, 18. April 1804 ]
denn das Gehn aufs Land mit Papa ist eine wahre Seccatur, indessen, tun kann ich eigentlich nichts dazu. Sonntag, den 15., aß ich mit Papa bei dem Gouverneur Graf Wartensleben. Es sollte ein Diner à mon honneur et gloire sein. Die alten, wohlbekannten Stuben, die alten Gestalten, mit einigen neuen verbrämt, machten mir, ich kann es nicht leugnen, einen sonderbaren Eindruck. Morgen gibt Papa dem Gouverneur ein Diner. Montag vormittag kam Caroline und Lolo *) aus Weimar herübergefahren, ganz allein, ohne Kinder. Caroline sieht sehr wohl und munter aus und ist ordentlich jugendlicher und hübscher geworden, Lolo aber schien ungemein an- gegriffen und hatte um die Augen so tief liegende Züge. Sie kommt auch im Julius nieder. Schiller hat ein Quartier in Jena ge- nommen und geht mit ihr, den Kindern, Carolinen und der chère mère **) auf drei Monate hin, damit sie von Stark ***) recht gepflegt werde. Es ist Schiller und Carolinen gewaltig bange, daß sie wieder einen Anfall von Verrücktheit bekomme wie das vorige Mal, und sie sieht auch furchtbar aus. Wenn ganz unvorhergesehene Zufälle mich hindern sollten nach Paris zu kommen, so könnte es mich auch tentieren, nach Jena zu gehn. Papa hat meinen Plan vernommen, nach Paris zu gehn, doch merke ich recht gut, daß er es höchst ungern sieht und sich auch noch immer schmeichelt, daß nichts daraus werden wird. Ich hoffe aber, alles soll sich zum besten lösen. Ob es nicht gut sein möchte, mir einen Paß von Paris aus schicken zu lassen? ist mir eingefallen. Für Frauen macht man zwar weniger Umstände wie für Männer, allein in meiner Situation muß ich auf alles denken, da mir das Warten übel bekommen könnte. Du bist gewiß auch der Meinung, daß ich gut tue. Die letzten Unruhen in Paris haben das Reisen wieder erschwert. Wenn Papas Reise aufs Land sich bis zum 20., 22. Mai ——— *) Caroline v. Wolzogen und Charlotte Schiller. —— **) Frau v. Lenge- feld. — ***) Der Arzt. 144