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[   Band 2 Brief 56:    Humboldt an Caroline    Rom, 16. März 1804   ]


diesen Verlust werden wir nie verschmerzen, ich fühle es mit jedem
Tage tiefer, und ich kann es nicht leugnen, die Zeit macht den Schmerz
nur noch herber, da sie ihm nie seine Schärfe nehmen kann, und
die mildernde süße Erinnerung schwächt, wie Du so wahr fühlst. Die
Menschen haben darüber verdrehte Begriffe, und in keinem Punkt
fühle ich mich so von allen, auch den besten und weichsten sonst,
verschieden, als darin. Nur mit Dir kommt diese wie jede andre
Empfindung so ganz überein, und wie wenig wir auch eigentlich
über diesen Verlust gesprochen haben, so haben wir uns immer doch
auch darin so innig verstanden. Ich schöpfe jedoch für Theodor
wieder viel Hoffnung, da in Florenz wirklich sein Fieber ausgeblieben
ist. Schone nur Dich auch, liebes, süßes Kind. Ich fühle jetzt doppelt
und dreifach, wie unentbehrlich Du uns allen bist.
Die Garofalo ist krank und hat schon zweimal zur Ader ge-
lassen. Consalvis Bruder ist es auch, und gefährlich. Man hat
gleich alle Adern geöffnet, und das Blut fließt wieder ungehindert,
seit Kohlrausch nicht mehr hier ist. Die Leute werden, wenn Du
wiederkommst, ganz blaß aussehen. Denn die römischen Ärzte fallen
nun mit gedoppelter Wut über die armen Leute her.
Adieu, liebe gute Seele. Du glaubst nicht, wie mir einsam ist.
Komme aber nur glücklich an, geh ja nach Paris, und wir sehen uns
gesund und wohl im Herbst wieder. Lebe herzlich wohl.          H.


57. Caroline an Humboldt                      Modena, 16. März 1804

Tausendmal danke ich Dir für Deine freundlichen Zeilen
aus Rom vom 10., die ich heute vormittag in Bologna
empfangen habe. Ach, liebster Bill, wie unaussprechlich
sehne ich mich nach Dir und nach meinen kleinen Mädchen, besonders
nach meinem kleinen Adelnarren, und mit wahrer tiefer Bangigkeit

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