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[ Band 2 Brief 46: Humboldt an Caroline Bilbao, 16. Mai 1801 ]
ist, sein Dasein ganz und einzig in einem andern zu finden, so glaub ich, wird die Zeit kommen, wo er sieht, daß es für ihn keine wirkliche Trennung gab, ich glaube, daß die Kraft der Liebe sich die Natur unterwerfen kann und das, was in sich Eins ist, auch ewig ungetrennt bleibt. Aber die Kraft des Glaubens schwindet vielleicht hin, wenn man seiner am meisten bedürfte, und dann bleibt nichts, nichts als eine schreckliche Öde und die Wehmut der Erinnerung im Andenken an die Vergangenheit. Ich sprach einmal unterwegs mit Bokelmann davon. Er konnte nicht begreifen, wie man je fürchten könnte, nicht mehr geliebt zu sein. Es machte mir einen sonderbaren Ein- druck, eine solche Jugend und Unbefangenheit zu sehen, in der man noch nicht einmal fassen kann, wie man durch Eine Liebe auf einmal alle und unwiederbringlich aufgibt. Sei Du recht heiter und froh, mein liebes, liebes Kind, und küsse die liebe Adelheid zu ihrem Geburtstag. Lebe innigst wohl. 47. Humboldt an Caroline Bayonne, 24. Mai 1801 Ich bin seit heute früh wieder hier, meine gute, liebe Li, und auf einmal sehr reich. Denn ich habe drei Briefe von Dir hier gefunden, vom 2., 7. und 16. Mai, und habe also so frische Nachrichten, als es in dieser Entfernung mög- lich ist. Ich sehnte mich unglaublich nach Briefen von Dir und den Kindern, und Bayonne war mir wirklich ein Ort der Erwar- tung in diesen letzten Tagen. Auch die Briefe der Kinder haben mir viel Vergnügen gemacht. Besonders hat der Bruder *) einen geschrieben, der wirklich sehr hübsch ist. Ich weiß nicht, ob Du ihn gelesen hast. Er schließt so: »Mit wem sollen wir die Reise- beschreibung machen? hat Theodor gesagt. Und an Deinem Bett ——— *) Der älteste Sohn Wilhelm. 105