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[ Band 2 Brief 38: Caroline an Humboldt Dresden, 8. Juni 1797 ]
38. Caroline an Humboldt Dresden, 8. Juni 1797 Durch den sonderbarsten Zufall, mein teurer, lieber Bill, ist ein Briefgen, das ich Dir am ersten hiesigen Posttage nach meiner Ankunft am vorigen Dienstag schrieb, liegen ge- blieben. Ich bitte Dich deshalb sehr um Verzeihung. Ich hoffe nun, Dich in wenigstens acht Tagen hier zu sehen und freue mich unendlich auf Dich mit den Kindern. Unterwegens waren sie gut und froh. Es geht recht gut mit dem Jahren. Alexander saß mit in meinem Wagen, weil Haeftens, die doch ein Kind weniger haben, so gut wie keine Leute, Sachen und dreimal mehr Platz zum bequemen und geräumigen Packen, eine solche Packerei bis in den Wagen hatten, daß schlechterdings kein Platz für Alexander mehr da war. Wie gefällt Dir das? Künftig werden sie doch ein andres Arrangement machen müssen. — Gestern war ich in der Galerie und nachmittags bei den Mengsschen Abgüssen. Ach, wie geht mir die Seele wieder auf, umgeben von diesen Bildern und diesen hohen Gestalten. Ich sehe sie noch mit viel anderm Blick wie sonst, mit weit höherm Genuß, und verstehe sie besser. Täglich von nun an werde ich da sein — die Feiertage über war alles verschlossen, nur an der Musik konnte man sich in der katholischen Kirche ergötzen, sehr schöne Messen und Vespern. Gesehen habe ich von Promenaden noch nichts als den Brühlschen Garten, weil das Wetter so schlecht bis gestern war, von Menschen die Familie des Ministers Burgsdorff, die Körners, einmal auf dem Weinberg, einmal in der Stadt, und Neumanns. Admirez ma vertu! Ich muß mich aber sehr verändert haben, denn alle Leute finden, ich sei nicht mehr wieder zu erkennen, so viel munterer sei ich, und es scheint, als erwerbe es mir ihre Approbation. Adieu, Liebstes. 72