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[   Band 2 Brief 26:    Humboldt an Caroline    Berlin, 2. Mai 1797   ]


geben, die ich fühle, von Dir entfernt zu sein, und der Sehnsucht,
die mich ewig nach Dir hinzieht. Ich sehe so oft Dein Bild an;
es bringt mir die Stimmungen zurück, mit denen ich es sonst auch
ansah.
Dem Bruder möchte ich gern zum Geburtstag etwas schicken,
aber mir ist der Kopf heute so verwirrt und die Zeit so kurz, etwas
auszusuchen. Doch schreibe ich ihm und auch der Li, jedem besonders,
daß sie sich nicht streiten.
Gentz war schon bei mir. Er ist sehr gut und scheint auch
tätig. Brinkmann ist so mager und unkörperlich und spricht so viel
mehr als sonst, daß ich immer fürchtete, er möchte in ein bloßes
Wort verhallen.
Lebe herzlich wohl und grüße Alexander tausendmal!


27. Caroline an Humboldt                         Jena, 5. Mai 1797

Tausend Dank, mein bester Bill, für Deinen zweiten Brief
aus Halle. Nun hoffe ich bald zu hören, daß Du gesund
in Berlin angekommen bist.
Gestern habe ich meinen lieben Theodor entwöhnt, ich kann
es nicht leugnen, mit unendlichem Schmerz. Er hat die vorige
Nacht leidlich ruhig zugebracht, nur sehen darf er mich nicht, sonst
weint er bitterlich. Ach, in ein paar Tagen ist es für das Kind
vorüber, und ich bin ihm nicht lieber, als jeder andere, der es trägt
und es zerstreut. Warum mußte ich das liebe Wesen so früh von
mir trennen! 
Papa kommt den Nachmittag, das Bild morgen und künftige
Woche Caroline. Schiller wohnt trotz der kälteren und unbeständigen
Witterung in seinem Garten, befindet sich wohl und ist mit seiner

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