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[   Band 2 Brief 1:    Humboldt an Caroline    Kahla [wohl 16. Juli 1792]   ]


nimmer gehofft hätte. Wie vermag auch selbst die kühnste Phantasie
zu erreichen, was Du so ewig still in das Leben verwebst, die Ruhe,
diesen einfachen und so unnennbar füllenden Genuß.


2. Humboldt an Caroline             Merseburg, Dienstag nach 6 Uhr
                                                    [17. Juli 1792]

Wie so ununterbrochen habe ich an Dich gedacht, liebe Li.
Die Nacht war so himmlisch. Die Gegend erschien so still
und schauerlich. Alle Gestirne, die ich sonst mit Dir so
oft sah, hefteten jetzt meine sehnenden Blicke. Du sahst wohl auch
nach dem Jupiter, vielleicht begegneten sich an ihm unsere Augen.
Mir ist sehr wohl, und ich wäre innig froh und heiter, wenn ich
Dich nicht so unendlich vermißte. Was machst Du, mein holdes,
teures, einziges Wesen? Wie hast Du geschlafen? Hat die kleine
Li Dich oft im Schlafe gestört? Unaufhörlich habe ich mich das
gefragt, so viel hätte ich gegeben, wenn ich nur einen Augenblick
Dich hätte sehen können und die Kleine. Bald, bald werd ich Euch
ja wieder sehen, wieder all das Glück genießen, das Du mir so un-
unterbrochen gabst, seitdem ein freundliches Schicksal uns vereinte.
Alle Szenen der Vergangenheit waren mir diese Nacht so lebhaft;
vorzüglich umschwebte mich wunderbar Dein Bild, wie ich zuerst
in Burgörner Dich sah. So anders schienest Du mir da, und so
anders scheinst Du mir jetzt, und dann ist doch so eine wunderbare
Einheit in dem Anders und Anderssein. Ehe ich Dich so ganz, so
ausschließend besaß und Dich doch schon so heftig, so einzig liebte,
war mein Gefühl so unruhvoll, ich vermochte nicht ohne die tiefste
Wehmut an Dich zu denken, Dir zu schreiben, Dich zu sehen. Ich
war weh — ——! nicht um mich, süße, teure Liebe, wie sehr ich auch
oft litt, aber um Dich. Dein Schicksal war so wunderbar verschlungen,

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