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[   Band 1 Brief 161:    Humboldt an Caroline    [Tegel], Freitag abend, 3. Juni 1791   ]


unsern innersten Gefühlen hing, den jeder sah und keiner aufzu-
heben wagte. Ich kann mit niemand, wer es auch sei, von Dir
reden, kann das innere, rege Leben, das Du mir einhauchest, nicht
in entweihenden Worten über meine Lippen gehen lassen. Still
anbetend kann ich Dich nur in tiefer Seele empfinden, und ewig,
ewig wirst nur Du Zeuge meines unendlichen Glücks sein. Du
sagtest mir oft, daß es ebenso sei in Dir, und wie sollte es auch
Verschiedenheit geben zwischen uns. Selbst Carolinen kannst Du nicht
so von mir reden, und wenn mir ein Mann gleich nah wäre als
Dir Caroline, ich fühl es, ich würde über diese Gefühle ewig vor
ihm schweigen. Nur ineinander können wir uns ergießen, nur wo
gleiche Schönheit, schwesterliche Gleichheit ihnen begegnet, vermögen
diese Gefühle ihre Heimat zu verlassen. Ach! und dann tut es
den Armen so wohl, am Busen der Schwestern zu ruhen, dann
gewähren sie sich wechselweis Kraft und Schönheit und Genuß.
Kein Gefühl, das uns jetzt durchglüht, vermag die Seligkeit aus-
zumessen, die unser wartet, neu geschaffen werden wir beide zu nie
geahndeten Freuden hervorgehen, ein Leben, wie die Liebe und das
Schicksal uns webten, ist einzig unter den Sterblichen. Allein, un-
abhängig, mit diesen Empfindungen, mit diesen ewig nach dem Un-
endlichen ringenden Kräften, Lina, Lina, wer vermag nur den Ge-
danken anders als in der höchsten Begeisterung Flug ganz zu
denken. Traure darum nicht, teures, süßes Leben, daß der Tag
unsrer Wiedervereinigung noch zögert. So wenige Wochen trennen
uns ja nur noch von ihm, und dann fühlen wir nie wieder dies
bange Entbehren des einzigen Lebens!

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