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[ Band 1 Brief 154: Humboldt an Caroline Donnerstag abend, 19. Mai 1791 ]
Wilhelm geklagt, sind seine einsamen Freunde gewesen in den Tagen trüber Wehmut und haben in die Gegend hin gezeigt, wo seine Li war und von gleicher Sehnsucht ihr Busen emporwallte. Ruhe nun wohl, meine Li, Bill denkt ewig an Dich! Sonnabend nachmittag Ich konnte gestern nicht zu Dir kommen, meine Li, wie weh es mir auch tat. Ich war zu Fuß von Tegel zurückgekommen, und mein Bruder blieb noch lang auf. Wenn jemand in der Stube ist, kann ich nicht schreiben, und hernach war ich zu müde. La belle de nuit will also meine Li heißen, wohl, belle de nuit, aber immer, ach! immer so schön. Nachtviole ist eine schöne Blume, und habe sie sehr gern. Ist so schön und so anspruchlos. Es ist närrisch. In Frankfurt war eine Frau v. Lettow, die nannte mich auch immer so. Sieht Li, auch darin hat Bill Ähnlichkeit mit ihr. Nachtviole soll künftig unsre Lieblingsblume sein. —— Was Du über Schiller schreibst, hat mich tief ergriffen. Die arme Lili und Lottgen. Reise ja hin, wenn es wieder schlimmer würde. Ist Papa nicht mehr da, so bist Du ja Dein eigner Herr, und dann wird Papa auch gewiß nachher nicht böse. Du kennst ihn ja. Schreib mir doch gleich, wenn Du etwas erfährst, und sage Lilin und Lottgen recht viel von mir. Wer weiß, ob sie nun zur Hoch- zeit kommen, wenn Schiller noch nicht ganz wiederhergestellt ist. Meine Abreise bleibt auf alle Fälle auf den 16. festgesetzt. Schreib gleich Papan nach Burgörner und stell ihm die Sache recht dringend vor. Vielleicht gelingt es dann, ihn eher zurück zu bekommen. Oder, wenn das nicht geht, so sage, Du sähest nicht, warum ich nicht auch eher kommen könnte. Wenn er das nicht für schicklich hielte, so könnte ich ja im Wirtshaus logieren. Wäre freilich nicht so schön, aber wären doch den ganzen Tag beisammen. Ich muß nun abbrechen, meine Li. 462