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[ Band 1 Brief 131: Caroline an Humboldt Freitag abend, 18. Februar 1791 ]
131. Caroline an Humboldt Freitag abend, 18. Februar 1791 O mein liebes, liebes Wesen, welch einen Morgen hast Du mir gegeben! Meine Seele war in so dumpfe Betäubung gesunken, vergebens sucht ich mich herauszureißen, ver- gebens eine freundliche Vorstellung des Lebens zu fassen — ich vermocht’s nicht, vermochte nicht, Dir zu schreiben und alles Weh meines Busens vor Dir auszusprechen. Hier lag es zentnerschwer, ach, und so öde war es in mir, so zerrissen mein ganzes Wesen. Dein armes Kind hatte nicht den Trost erleichternder Tränen. So vergingen drei bange Tage, ach, dadurch doppelt bang, daß ich nicht allein sein konnte, drei Nächte — laß mich schweigen von ihrer Qual. Heut kam ja Dein Brief. Wie viele Tränen weint ich über ihn — wie wohltätig lösten sie den dumpfen Schmerz meiner Seele. Ich fühle Dich nun wieder, fühle Deiner Liebe un- trennbare Gegenwart, und es weht mich ein Hauch neuen Lebens an. O, laß mich weinen, laß mich diese wiederkehrenden Tränen segnen und der unaussprechlichsten Wehmut süße Wonne, die mein schwankendes Leben trägt. — So nahe dem Ziel, verzagt ich, es zu fassen, der Hoffnung goldne Strahlen verloschen in dunkler Nacht, leer von jedem regen Mut empfand ich mich zurückgesunken und totenmatt und mein bessres Leben entwendet. Geliebter Mann, laß mich schweigen von diesen bangen Tagen — laß mich Dir danken für das süße Leben, das Du mir wiedergibst, ein Geschenk Deiner erbarmenden Liebe, wird es die besten Kräfte meines Wesens wecken, mich Dir zu erhalten. O, nur des menschlichen Lebens schönste, vollendetste Blüten sind wert, Dir gereicht zu werden; wenn in meines Daseins lichtesten Momenten ich mich mit der Hoffnung nährte, sie Dir zu bringen, so war es das Werk der seligen Begeisterung, zu der Deines unaussprechlichen Wesens An- schauen mich hob. Der Wahrheit reiner Odem müsse ewig meiner 407