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[   Band 1 Brief 126:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Freitag morgen, 11. Februar 1791   ]


ich nicht, und nun gar die letzten Blätter. Es sollen die Kantischen
Prinzipien angewendet [sein]. Ich bin doch ziemlich sonst damit
vertraut, aber dies habe ich schlechterdings nicht verstanden, und
wie er mit einem Male von den metaphysischsten Bestimmungen
wieder auf die Staaten kommt, war mir wie ein Wunder. Er
sollte jetzt weniger studieren und mehr seine Ideen entwickeln.
Offenbar fehlt es ihm an logischer Richtigkeit, Deutlichkeit — und,
was meistenteils in sehr genauem Zusammenhange damit steht, an
Geschmack. Ich muß hier aufhören. Ich kriege heut Deinen Brief.
Lebe wohl!


127. Caroline an Humboldt              [Erfurt], Donnerstag abend,
                                                  10. Februar 1791

Mein Bill, es ist so still und heimlich um mich. Nach dem
leeren Treiben der Gesellschaft, in der ich mich oft so
weh und bang empfinde, fühl ich sie doppelt, diese Ruhe
des Alleinseins. Wo bist Du, mein süßes, einziges Leben? Ach,
nur zu oft schweigt sie in mir, die Stimme leiser Ahndung, die
mir zuflüstern sollte, wie es in Dir ist, und doppelt lastet dann
der Trennung wehes Gefühl auf meinem Herzen. Mit Deinem
Wiedersehen wird der Schleier weggezogen sein, der auf meinem
Leben liegt, ein heilig, reines, ungetrübtes Glück wird mein sein.
Mit Deinem Wiedersehen! o, mein Herz, fasse wieder Mut und
trage den Moment unaussprechlicher Wonne, wie Du Deinen
Schmerz trugst! Wirst Du es glauben, ich zittre, wenn ich des
Augenblicks denke, aber meine Seele fliegt ihm entgegen, und der
Gedanke der Zukunft ist jetzt in mir, was der Gedanke eines bessern
Lebens, eines schönern, vollkommenern Daseins mir sonst war. —
Von Lili bekam ich einen so lieben Brief heut mittag. Sie ist
leidlich wohl und lebt einzig in der Hoffnung auf den April.

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