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[   Band 1 Brief 118:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], 21. Januar 1791, abends   ]


mir Dein schönes, heiliges Wesen vor, für das allein das meine
zum Dasein hervorgegangen, ihm alle Blüten zu reichen, die es
trägt, um Deinetwillen, um Dir der Menschheit höchsten Genuß,
das volle Glück eines Wesens geschaffen zu haben, zu geben, muß
ich es werden. Tiefer sank ich dann vor Carolinen nieder und ver-
mochte nur noch die unaussprechlichen Tränen des Dankes zu
weinen — ach, das war mehr wie Gebet! Diese Tränen, Wilhelm,
haben Deine Li geheiligt. —
. . . Ach, Bill, was einem für Menschen aufstoßen, und wie
sie über Liebe reden. Heut mittag aß Loos und ein Herr v. Oertel
bei uns, ein junger Mensch, den Du vielleicht hier gesehen hast,
und der eben von einer Reise zurückkam, die er mit dem Herrn
v. Kotzebue — dem Verfasser der vielen schlechten Schauspiele —
nach Paris gemacht hat. Kotzebue war im vorigen Sommer mit
seiner Frau aus Reval nach Weimar gereist. Sie kommt dort
nieder und stirbt. Kotzebue — in dem Moment, wo ihm der Hof-
rat Starke aus Jena, den man wegen der vorhandenen Gefahr
hatte kommen lassen, sagt, daß seine Frau nicht zu retten sei, wo
sie aber noch lebte, verläßt sie, wirft sich in eine Postchaise, fährt
nach Paris und schreibt seiner in Weimar lebenden Mutter, sie
werde ihn nie wiedersehen; nun er seine Frau in Weimar verloren
habe, würde er nie wieder hinkommen. Ich wußte diese Geschichte,
hütete mich aber, sie aufs Tapet zu bringen, weil ich nicht gern
von dergleichen rede. Oertel brachte mich aber endlich doch darauf,
weil er so viel von des Herrn v. Kotzebue Traurigkeit um den
Verlust seiner Frau sprach. — Mit was denkst Du wohl, daß
Oertel dies Betragen entschuldigen wollte? Damit: Kotzebue hätte
ihm geschworen, wenn er den Moment des Todes seiner Frau ab-
gewartet hätte, so würde es ihm das Leben gekostet haben. Ich
sagte ihm: »Aber, wenn er sie so liebte, wie er es vorgibt, so
konnte ja das sein einziger Wunsch sein.« Oertel sah mich an, ich

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