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[ Band 1 Brief 108: Humboldt an Caroline [Berlin], Donnerstag, 16. Dezember 1790 ]
Eigentümlichkeiten, die den geistigen Genuß des Lebens vollenden. Aber Dich, Dich, Li, wenn ich mir in Burgörner dachte, daß es uns wohl tun würde, in der Nähe eines großen Mannes zu leben, ach! da dacht ich so viel mehr an Dich, als an mich. Verzeih mir, aber Deinem Geiste wünscht ich diese Nahrung. Mir war ja der Deine alles, alles, was ich anzubeten, zu lieben, worin ich glück- lich zu sein vermochte. Verzeih mir den Wunsch, Du teures Leben. Aber nur in seltenen Momenten hatt ich den kühnen Mut, zu glauben, daß ich Dir zu genügen vermöchte. O! ich fühle ja darum dennoch so ganz Deine einzige, unaussprechliche Liebe. — Freitag abend Heut ist der Tag, da wir unsre Vereinigung geschlossen. Heut waren wir bei Bellmonts. Noch seh ich Dich am Fenster vor mir stehen, den Arm aufs Fenster gestützt, noch höre ich Deine entzückenden Worte. Sehr glücklich, sagtest Du, würdest Du mit mir sein! O, wie ist sie erfüllt, die Verheißung. Wie fühl ich in dem Innersten meiner Seele Dein einziges, namenloses Glück. Wie leb ich allein in dieser Empfindung. Lang saß ich heute schweigend in meiner Stube und rief mir alles, alles zurück, jeden kleinen Umstand, jedes Wort, was Du, was ich sprach. Ich fühle noch den Kampf, der in mir war, als ich bedachte, ob ich Dich fragen, ob ich Dir anbieten sollte, an meiner Seite durchs Leben zu gehen. Ach! ich empfand mich wie jetzt, Dich nicht so, aber doch auch so unendlich erhaben über mich. Aber ich wußte, ich hoffte nicht, daß Du mich liebtest. Denn ich liebte zu tief und innig Dich, um Liebe zu nennen das milde, gütige, entzückende Wesen, womit Du mich immer behandeltest. Und nun solltest Du Dein Dasein an das meine knüpfen. Zwar ich fühlte mich auch mehr wie jetzt. Ich wußte, daß niemand mit Dir sein würde wie ich. Ich fühlte, daß in der Feinheit des Betragens, in der Regung jedes Gefühls niemand mich übertreffen würde. Laß es mich ganz 328