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[ Band 1 Brief 105: Caroline an Humboldt [Erfurt], Donnerstag abend, 9. Dezember 1790 ]
Leben, mußt mir ja treu und hold sein, sonst — ja was denn sonst? — meinst wohl, sonst heuratet Li einen andern? Ach nein, sonst härmt sich das Kind zu Tode. — Armes Kind, mußt ihm seine Kindereien verzeihn — war ihm, als säße es auf Deinem Schoße und küßte die Augen. Grüße sie in meiner Seele. . . . Hier auch der Brief von Carl. Du wirst ihn sonderbar finden. Ach, weil ich ihn so unaussprechlich liebe, tut er mir weh. Ich glaube es wohl, daß Carln in seiner jetzigen Stimmung nicht übel ist, aber es ist ein bittres Glück, das ihn vielleicht untergräbt. Heilige Liebe walte über seinem Leben und erhalte ihn uns! Ach, sie, die er nicht mehr kennen will, trägt sein Dasein. Von der Geschichte mit Jetten erwähne ich nichts, da er mir darüber schweigt. Wozu sollte es? Der ewige Streit, das Meistern an sich wird Carl nie ganz ablegen, aber vermindern würde es sich, überhaupt sein ganzes Wesen sich unendlich schöner und sanfter lösen, wenn er unter uns lebte. Ach, vielleicht wird es so! — Und nun so ein herzliches Lebewohl, mein Wilhelm. Noch eins, habe auch Deine Relation gelesen, die Du Papan geschickt hast. Ich bin nicht recht einig mit Dir. Die Strafe war zu streng. Die Idee des Mangels ist bei Geschöpfen dieser Art weit schrecklicher als bei gebildeteren. Ich sah einmal eine Bauersfrau untröstlich über den Verlust ihres Kindes. Wie ich ihr ein paar Taler zur Beerdigung gegeben hatte, erheiterte sie sich merklich. Ach, ich muß aufhören. . . . 106. Humboldt an Caroline [Berlin], Montag abend, 13. Dezember 1790 Es vernimmt Dich niemand wie ich. Verborgen bleibt allen das innere Leben Deiner Seele, das Streben Deines Wesens, immer das Höchste, das Größeste zu erringen. Denn das ist es, was Dich so groß und schön macht, daß Du 321