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[   Band 1 Brief 104:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Mittwoch, 8. Dezember 1790   ]


leben wie in dem eignen, und meine Seele ist so voll sorgsamer
Liebe für Carln.
Caroline kommt den 20. mit dem Ursus *), bleibt drei Wochen
hier. Ursus aber nicht so lang. Schiller und Lotte kommen erst
den Letzten des Monats und bleiben nur fünf bis sechs Tage.
Es wird doch eine schöne Zeit sein, ach, aber wo ich einen Hauch
der Liebe um mich fühle, verlangt mein Herz schmerzlicher bewegt
nach Dir, Du einziges Wesen. So geht es mir oft mit dem
Koadjutor. Er behandelt mich mit einer Feinheit, die mich bis zu
Tränen rührte. Seinem Auge entgeht nichts. Ich möchte nichts
mit dem Vorsatz, es ihm zu verbergen, in der Seele tragen. Aber
bei diesem durchdringenden Blick fühlt man auch so seine Größe,
daß man in der schönsten Freiheit des Geistes neben ihm existiert.
Wie es mit Carolinen werden wird? — Ich erwarte viel Gutes
von den nächsten Wochen. Es sind zwei einzig schöne Wesen.
Dalberg kannte noch keine Frauen von wahrem Charakter. Er
gesteht es selbst, und darum ist ihm vieles so neu. Von einer
wahren Freundschaft zwischen Frauen, sagte er mir schon oft,
hätten wir ihm die erste Idee gegeben. Diese Erscheinung sei ihm
heiliger und teurer, als er es zu sagen vermöge, denn er habe an
ihrer Wahrheit zu verzweifeln angefangen. Wie mit der Freund-
schaft, so mit der Liebe. Was nicht Gänschen waren, waren
Koketten, die dem männlichen Geist gern die Flügel bänden, um
ihn in ihrem engen Kreis zu halten. Ach, welch andres Leben ist’s,
nur in dem Geliebten das Dasein zu finden, aus seiner Göttlichkeit
Fülle des Lebens und des Genusses zu schöpfen! —
. . . Papa ist recht gut und freundlich, nur daß er immer
was Neues wissen will und nicht begreifen kann, was wir uns
zweimal die Woche schreiben. Wir wissen’s besser. Nicht wahr,
Bill? Deine Mutter steht hier in großem Ruf und Ansehen.

———
*) (Bär) Beulwitz.

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