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[   Band 1 Brief 82:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Montag abend, 11. Oktober 1790   ]


es blüht mir keine volle lebendige Rückerinnerung jener unaussprech-
lichen Momente auf, als in der Fülle des verzehrendsten Schmerzens.
Um Mittag empfing ich Deinen Brief, wie ich fast darauf
Verzicht zu tun anfing. O ich sagte Dir letztens, Du müßtest mir
nicht alle Posttage schreiben, ich würde doch ruhig bleiben, aber
nun fühl ich’s, es war eine Lüge. Wie die gewöhnliche Stunde
vorbei war, ging ich herum im Zustand der unaussprechlichsten
Angst, ich konnte nichts tun, meine Gedanken waren fern von mir
selbst. O dank Dir, Du einzig liebendes Wesen, was kann ich Dir
sagen, Bill, was genügt dem Herzen? Aber glaube mir, ich weiß,
ich fühl es, daß Du nicht ein Leben erhältst, wenn mein Wesen die
Zeit dieser Trennung ausdauert. Näher als ich mir meine Seele
fühle, fühl ich Dich, Du Unaussprechlicher, in dem inneren Leben
und Weben meines Geistes. Nie, in keinem Dasein können wir uns
mehr verlassen — o Bill, wie trägt uns der Gedanke und hebt den
ermattenden Blick. Laß mich jetzt aufhören. Der Tag war so an-
greifend. Ich bin müde. Morgen sag ich Dir mehr. Lebe wohl,
mein einzig süßes Wesen.

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Ich soll erraten, wodurch ich Bill zum Schweigen bringen kann?
Wenn ich nun auch nicht raten könnte, ohne Hilfe der Augen?
wie dann? — Aber die Augen sind diesmal, mein ich, entbehrlich.
Io voglio questa bocca — questa lingua. — ach Gott, wohin alle
unsre schönen Spiele — wohin, ach, ich kann meine Seele nicht
von ihnen trennen! Verzeih, wenn ich den glühenden Schmerz in
Deinem Herzen mehre, ich kann nicht anders, und wüßt ich, daß
es Dein und mein Leben kostete, ewig zurückzukehren zu dem ver-
zehrenden Gefühl, bei Gott, ich könnte dem, was mich unaushörlich
in mir mahnt, doch nicht widerstehen. Es ist so ein menschliches
Gefühl, es ist Liebe zum Dasein, die mir den Blick zurückwendet
in die Vergangenheit — fehlte mir Erinnerung einen Augenblick

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