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[ Band 1 Brief 81: Humboldt an Caroline [Berlin], 10. Oktober 1790, nachts nach 12 Uhr ]
die Liebe ist. Das denk ich, das sag ich mir ewig. Mir ist un- endlich weh, viel mehr weh als unruhig, aber ich bin auch so selig. Li, wenn wir jetzt stürben, den Tag der Vereinigung nicht erlebten, ich könnte doch nicht sagen, daß die letzten Wochen meines Lebens unglücklich gewesen wären, daß ich vor dem Aufblühen des Glücks hingeschieden wäre. Es täte mir weh um die Wochen, sie waren ja so voll von Erinnerungen, von Empfindungen für Li! Nicht wahr, es ist Dir auch so! — Es ist mir ordentlich lieb, daß Dein Vater reich ist, und daß ich so vielen Leuten das als großen Mitbeweggrund, unsre Verbindung zu beschleunigen, anführen kann. Verzeih, Du Holde. Es sieht so undelikat aus. Aber den Menschen zu sagen, daß ich das für Dich fühle — nein, jedes andere lieber. Was ich fühle, würde jedes Wort entweihen; und das auch nur auf einen Augen- blick herabzustimmen oder doch zu zeigen — nichts oder alles! Auch nicht ahnden müssen sie’s. Eine recht vernünftige, überlegte Partie muß es ihnen scheinen. Nie etwas anderes. So ist Kunth nun völlig überzeugt, daß die Idee, mir ein ruhiges Etablissement zu verschaffen, meine erste und vorzüglichste war. Wenn ich’s so nehme, kann ich auch gerade das an Dir loben und zu schätzen scheinen, was die Menschen verstehen können, sehr viel Verstand, Kenntnisse, was man so Herzensgüte nennt, u. s. f. Aber warum so lang davon? Verzeih. — Schreib mir doch immer viel von Deiner Gesundheit. Vorzüglich muß ich immer wissen, wenn das Kind einmal Blut gespuckt hat. Hörst Du, ich muß. Bill kann auch befehlen. Laß ihm die Freude. Li soll auch befehlen. Bill liegt nicht mehr umgekehrt im Bett, lebt so vernünftig, schläft meistens sieben Stunden, immer sechs, steht immer vor sechs auf und geht oft vor zwölf zu Bett. Und nun soll Li ausdrücklich sagen, ob Bill früher zu Bett gehen und früher aufstehen soll. Hörst Du, Li, sag es. Überhaupt sage etwas, das ich tun soll oder unter- 244