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[ Band 1 Brief 73: Humboldt an Caroline [Berlin], Montag, 20. September 1790 ]
— Ach Verzeihung, Verzeihung, Du großes, Du einziges Wesen. Aber so ist mir’s. Dann kann ich ruhig sein und ruhig sprechen und schreiben, wie im Anfang dieses Briefes, und hoffen und in der Zukunft leben, und dann auf einmal ergreift’s mich so schreck- lich, daß es noch eine Gegenwart gibt, und ich sehe nichts, nichts nach ihr. . . . Nein, es kann kein Unglück für uns geben, Li, Vernichtung wäre das einzige, was ich mir denken könnte, denn nur Vernich- tung ist ja Trennung. Möchtest Du Unglück nennen den namen- losen Jammer, der uns jetzt füllt? Was, als Zusammensein und Genuß der Gegenwart, gibt es denn noch auf Erden, wofür wir ihn hingäben? Dauern wir nur die lange Periode durch, das saure, mühevolle Jahr, auch länger als das, bis zum Anfang 92 dauern wir’s durch, sieh, welche Seligkeiten dann, welch ruhiges Zusammen- sein, welche Freude in uns, welches Glück, das von uns ausströmt. Zwei solche Menschen in solcher Lage gab’s nie. Wo die existieren, muß Segen von ihnen ausströmen. Dauern wir sie nicht aus — nun, Lina, laß mich nicht sagen, was dann ist. Dunkel bedeckt die Aussicht. Aber dies Streben der Wesen, sich zu vereinen, dieser Mut, jedes Dasein abzureißen, das Trennung ist, dem widersteht kein Schicksal. 74. Humboldt an Caroline [Berlin], Mittwoch abend, 22. Sept. 1790 Gib Deinem Geiste Beschäftigung, wenn Du kannst, es zer- reißt die Seele, aber es füllt doch, und verzehrt nicht so langsam. Ich habe schon viel zu tun und werde bald sehr viel haben und zum Teil Sachen, die mich sehr anziehn. Jetzt gerade ein paar Urteile gegen eine Kindesmörderin und gegen einen Brandstifter. Alle solche Menschen scheinen mir jetzt so wenig 222