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[   Band 1 Brief 62:    Caroline an Humboldt     [Burgörner], Sonntag morgen, 27. Juni 1790   ]


kapitel gehalten und der jetzige Stiftsrat resignieren wird. Es schreibt
auch nicht, ob es schon mit Dalberg gesprochen hat.
. . . Papa hat eine große Freude über den Legationsrat ge-
habt. Schreib ihm ja selbst bald. Vor einigen Tagen sagte er
mir: »Nun will ich Humboldt anfangen zu schreiben, es wird eine
rechte Epistel werden. Den jungen Leuten, die immer nur ihren
eignen Weg gehen wollen, kann man seine Meinung nicht deutlich
genug machen.« Aber laß Dich das nicht irren. Den 22. Junius
1791 ist dennoch unsre Verbindung. Ich müßte ja nicht so klug
sein als ich bin, wenn ich nicht das durchsehen wollte. Und daß
ich sehr klug bin, hat Caroline gesagt.
. . . Hier ein Echantillon von des Sternbilds Briefen. Nur
damit Du siehst, wie es von Dir schreibt. Ist’s nicht wie eine
Zeitung? Adieu, bald mehr.


63. Humboldt an Caroline                    [Berlin,] den 29. Junius 1790

Ich bin heute so überladen mit Arbeit, Lina; wenn Du
mich sähest, von so einer Menge Papieren und elenden
Büchern umgeben — und nun kommt Dein Brief, und
mein Herz drängt sich zu antworten, und ich weiß nicht, ob ich’s
können werde. Deine Liebe möge mir verzeihen. Es wäre weiser,
vielleicht nur zu schreiben, wenn Muße und Freiheit von jeder
andern Idee die Stimmung nicht störten, aber was ist diese Weis-
heit! Ich kann nicht sein, ohne mit Dir zu reden, und Du wirst
meine Gefühle erkennen, in welcher Gestalt sie erscheinen werden. —
Der gleiche Gang unserer Empfindungen, die Gleichheit unserer
Liebe, die Gestalt, in der jeder den andern erblickt, beschäftigen
mich unaufhörlich und werden mich ewig beseligen. Wenn ich Dich

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