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[   Band 1 Brief 37:    Humboldt an Caroline    [Berlin], 30. März 1790   ]


ich Dich mein nennen darf, daß meine Liebe, das hohe aus-
schließende Gefühl, wozu Dein Wesen mich begeistert, Dich be-
glückt, daß Du in dem Anblick meiner namenlosen Seligkeit durch
Dich Deine liebsten Freuden aus mir schöpfst, daß ich für Dich
leben werde — o! und wer vermag sie alle zu zählen, diese
wechselnden Gestalten, unter welchen die eine, liebe beglückende Er-
scheinung mir immer von neuem wiederkehrt. Aber am liebsten,
am häufigsten hängt sich meine Seele an den Gedanken, nur für
Dich zu sein. All mein Streben hat jetzt so einen festen Gesichtspunkt,
da es nur nach diesem Ziele ringt. Ich kenne keine Größe, als Dich
zu beglücken, und dies geht nicht aus meiner Liebe für Dich hervor,
nein, nur aus dem Gefühl Deines Werts, aus dem selbst erst die
Liebe entspringt. Denn die wahre, reine, ungemischte Liebe ist doch
immer nur das Kind der höchsten empfundenen Seelenschönheit.
Den Stolz, Dich zu beglücken durch das, was ich bin, hab
ich nicht, und ich weiß nicht, ob er mir mehr Freude geben würde,
als das kindliche, dahingebende Gefühl, das mir jetzt so eigen ist,
daß Deine Liebe erst in mir schafft, was Dich beseligen kann!
Daß mein Plan auch der Deinige ist, macht mir unendliche
Freude. Freilich ist mündliche Verabredung immer besser, und ich
wäre daher selbst sehr dafür, erst mit Papa zu reden, wenn ich
nach Burgörner komme. Aber ginge es früher durch Dich an, so
wäre es mir doch lieber, wenigstens wünschte ich, Papa würde
vorbereitet. Sehr viele Schritte, siehst Du, kann ich mit Delikatesse
darin nicht tun, weil ich Deinem Vater für Dich keine glänzende
Lage anbieten kann. Dann wäre es auch gut, wenn ich früher
Gewißheit hätte. Daß Du noch künftigen Winter bei Papa bliebst,
war freilich eigentlich nicht in meinem Plan, indes würd es wohl
geschehen müssen. Ich aber müßte wahrscheinlich doch den Herbst
schon von hier weggehen. Höre immer einmal eine langweilige Er-
klärung an, warum? Ehe die Leute einem ein Amt geben, muß

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