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[ Band 1 Brief 24: Caroline an Humboldt [Erfurt], den 12. Februar 1790 ]
Mon frère*) hat endlich geschrieben, einen närrischen Brief, in dem Sonne, Mond und Sterne und ein Komet gemalt sind, darunter steht: Dies sind die letzten Zeiten!! meldet, daß seine Augen von ihrem lustre durch die letzte Krankheit viel verloren, aber dagegen etwas Schmelzendes, Hinschmachtendes bekommen hätten, das sie noch gefährlicher mache. Du hättest ihm geraten, auch zu heiraten, man sage in G[öttingen], er sei in Mlle. Michaelis verliebt, die zwischen 50 und 60 sei, die Rubinen seiner Nase würden täglich poliert, sie sei Kennerin von Edelsteinen usw. Doch noch eins. Er schreibt: »Ich habe Verdacht beim Muttergut er- regt, sie hat nichts gemerkt. C’est quelle est très simple.« Ich habe laut aufgelacht, wie ich es las. Aber es ist auch wahrlich wahr, wenn Mama nichts merkt, so geht ihre Simplizität ins Weite. — So dürften es uns unsre Kinder nicht machen. Es ist doch eine hübsche Sache ums Klugsein, was meinst Du dazu, mein Wilhelm? Wenn ein Brief von Dir kommt, sag ich immer dem Papa zu Mittag, denn eher sehen wir uns nicht — mein Bräutigam, oder Ihr künftiger Schwiegersohn, oder il mio sposo, manchmal auch alles dreies zusammen, empfiehlt sich bestens, angelegentlichst usw. Das tue ich mit Fleiß, um unser Verhältnis dem Papa oft ins Gedächtnis zurückzurufen, denn er traktiert es gar nicht comme une affaire de conséquence. Der Koadjutor spricht hundertmal mehr davon wie der Papa und berührt nicht selten den Plan mit Mainz. Ja, übel wäre es gar nicht, wenn, um mit Caroline zu reden, der Himmel dort seine Heiligen versammelte. Auf Titel laß Dich nicht ein, wenn sie nicht zu einem reellen Zweck führen. Ich habe so eine Antipathie gegen die Kammerherren. An Rang und vornehmen Verhältnissen werde ich auch mein Lebelang keine Freude haben. Sollte ich auch mit Dir in Berlin leben so müßte mir so der ——— *) Alexander v. Humboldt. 87