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[   Band 1 Brief 22:    Humboldt an Caroline    [Berlin], den 29. Januar 1790   ]


gut. Neulich fragte mich die Tante in Mamas Gegenwart, ob ich
bald heiraten würde? Ich versicherte, sobald als möglich. Mama
erwiderte: »O! ja, wenn Du eine gute Partie tun kannst, werd ich’s
gewiß nicht hindern. Es ist immer besser.« Wäre die Tante nicht
dabei gewesen, hätten die Herzen sich vielleicht eröffnet. Wäre Mama
konsequent, so ließe sich aus solchen paar Worten etwas schließen.
So! — Indes, eigentliche Pläne hat sie gewiß nicht mit mir.
Mit den Frauen geht’s unendlich besser. Ich werde sie bald
ganz beruhigt haben. Es wird mich innigst freuen; Jette ist doch
sehr liebenswürdig, und Brendel hat viel Stärke. In ihrer Familie
gefällt mir Brendel nicht. Sie kennt kaum die Idee, ihren
Mann glücklich zu machen — ich wüßte doch nicht, wie ich ohne
diese alleinige Idee mit einem Geschöpf, wie es auch sei, so nah
leben könnte. Doch kenn ich das ganze Verhältnis noch nicht genug.
Ich mag ihr unrecht tun.
Von der Forster, nach der Du fragst, weiß ich sehr lange
nichts. Ebenso fast von allen meinen auswärtigen Bekannten. Ich
bekam fast keine andern Briefe als von Dir. Einen schönen, mir
überaus lieben Brief bekam ich aus Hannover von Stieglitz*). Er
ist der einzige Mann, der mich durchaus immer interessierte, der
mich äußerst genau kennt, mit dem ich am feinsten, scharfsinnigsten
räsonnieren konnte. Wir hängen mit der ganzen Kraft unsrer
Wesen aneinander und bedürfen dabei doch so wenig des gegen-

——— 
*) »Ein Vorfall in Humboldts Universitätsjahren«, berichtet uns Varn-
hagen in der Skizze über Humboldt, »gewährt einen merkwürdigen Blick
in diese schon damals unter Scherz und Verneinung sich versteckende Emp-
findsamkeit, die sich mit antiker Seelenstärke wunderbar verband. Er badete
mit seinem Freunde Stieglitz, dem nachherigen hannöverschen Leibarzt, bei
Göttingen abends in der Leine und geriet in einen Strudel, der ihn fortriß;
nach vergeblichem Ringen hielt er sich für verloren und rief dem Freunde
zu: ,Stieglitz, ich ertrinke, aber es tut nichts!' Doch dieser sprang ihm nach
und rettete ihn.«               Aus Schlesiers Erinnerungen.

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