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[ Band 1 Brief 17: Caroline an Humboldt Erfurt, 7. Januar 1790 ]
gegeben, diesem zu widerstehen — und der Übergang? — war er nicht wie der Abfall vom Licht zur Finsternis, wie der Wechsel vom vollen, regen Leben zur Erstarrung des Todes? — ich weiß nicht, wie mir geschah, aber das fühl ich lebendig in mir, daß die Erinnerung der Vergangenheit mich nicht wird sinken lassen, daß ihr süßer Zauber ein mildes Licht über meine zukünftigen Tage verbreiten wird, o es ist mir ein heiliges, wahres Wort, daß nichts Schönes verloren geht, daß nichts Schönes genossen wird, ohne daß nicht etwas noch Schöneres daraus hervorgehe — Deine un- getrübte Heiterkeit, meine Ruhe sei die Blüte, die diesem Keim entsprießen möge, eine Liebe wie diese, das Kind der Wahrheit und des innigsten Gefühls erweitert den Ausblick des Geistes und gibt ihm die Energie, mit der wir über die Dinge schweben. O ich möchte, Du fühltest, welcher Frieden in mein Herz kommt, indem ich meine Seele so ausspreche gegen Dich — ich fürchte, Du bist um mich besorgt — ich bitte Dich, sei ruhig — ich bin’s so sehr, so voll der Hoffnung, daß die Zeit alles, alles freundlich lösen wird. Ich konnte Carolinen noch nicht schreiben, seit sie mich verließ, es drängte sich alles so in meinem Herzen zusammen, ich vermochte nichts loszureißen — ach, als sie ging, war es, als schied ich noch einmal von Euch, ich fühlte mein Alleinbleiben doppelt, um sie schwebten noch gleichsam die Geister meiner entflohenen Freuden, in ihr schloß ich Euch noch mit an mein Herz, nun war ich erst ganz von Euch getrennt, da sie nicht mehr neben mir war —— und dennoch, ich habe Dir diese Sonderbarkeit schon in Weimar ge- standen, und ich finde sie nur in meinem Gefühl bestätigt — dennoch freue ich mich auf eine gewisse Art, daß wir für den Moment auch getrennt sind, es bringt eine Gleichheit in unsere Lage, deren Idee mir wohl tut — ich mag nicht glücklicher sein als mein Wilhelm es ist. — 63