< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 1 Brief 15:    Humboldt an die Verbündeten   Paris, 4. August 1789   ]


berührte Neufchatel, Basel und Freiburg — überall anpochend, wo irgend
bedeutende Menschen weilten, mit denen er auf Grund zahlreicher Empfehlungs-
schreiben anknüpft. Endlich trifft er Anfang Dezember wieder in Mainz
bei Forster ein und kommt von da nach Erfurt, wo er am 16. Dezember
Caroline v. Dacheröden wiedersieht und sich auf einem Ballfest mit ihr
verlobt. Die Verlobung wurde indessen noch nicht veröffentlicht, und der
Vater Dacheröden, obschon er seine Einwilligung gegeben, scheint nicht
sonderlich davon erbaut gewesen zu sein, vermutlich wegen der großen
Jugend und mangelnden Stellung Humboldts. Jedenfalls versuchte er in
der Folge die Tatsache mit Stillschweigen zu übergehen und zeigte sich
Heiratsplänen ganz unzugänglich. Zu Neujahr 1790 finden wir Caroline
mit ihren Freundinnen Lengefeld und Humboldt in Weimar, wo dieser und
Schiller sich kennen lernen. Mitte Januar kehrte Humboldt nach Berlin
zurück, wo er zunächst als Referendar am Kammergericht in den juristischen
Staatsdienst eintreten sollte. Er lebte in Berlin im Hause seiner Mutter,
die von Verwandten ihres ersten Gatten v. Holwede, ihrem Sohne aus
erster Ehe und dem früheren Erzieher der Humboldtschen Söhne Kunth
umgeben war.



Aus dem »Schreibtisch« von Caroline de la Motte Fouqué

Nachstehendes über die Humboldts ist aus Briefen der Frau v. Briest
(Mutter der Schriftstellerin de la Motte Fouqué), die im Januar 1785 aus
Berlin geschrieben sind. Frau v. Briest war bei Frau v. Humboldt in Berlin
Jägerstraße 22, zu Tisch gewesen.


Alles ist bei der Humboldt, wie es war. In dem Hause ändert
sich nichts, weder die Menschen, noch die Art und Weise. Ihn
werde ich zwar immer sehr da vermissen. Seine leichte, muntere
Unterhaltung machte einen charmanten Kontrast mit der leisen Ruhe
und Gemessenheit seiner Frau. Diese, ich versichere Dich, sieht heute
so aus, wie sie gestern aussah und morgen aussehen wird. Der
Kopfputz wie vor zehn Jahren und länger; immer glatt, fest, be-
scheiden! Dabei das blasse, feine Gesicht, auf dem nie eine Spur
eines Affektes sichtbar wird, die sanfte Stimme, die kalte, gerade

                                                                      54