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[   Band 1 Brief 10:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Donnerstag, den 29. Januar 1789   ]


Jette kam, schlug er die Hände zusammen und sagte: »Nimmermehr
sind die von einem Christen!« — Adieu, mein kranker, geliebter
Wilhelm. Mein Geist verläßt Dich nie.


11. Humboldt an Caroline    Göttingen, den 20. März 1789

Nicht wahr, liebe Li ich ließ Deine beiden Briefe sehr lange
unbeantwortet? Aber Du wirst doch den armen Kranken
entschuldigen, der nun schon fünf Wochen nichts als Stuben-
luft einatmete und morgen es zum erstenmal wagen wird, sich, in
Überrock und Mantel eingehüllt, in einer porte-chaise austragen
zu lassen. Nun sollst Du sehen, schreib ich Dir recht oft.
Herzlichen innigen Dank für Deine beiden liebevollen Briefe.
O! teures, geliebtes Mädchen, wie hat mich der Ausdruck der Liebe
hingerissen in dem ersten, wie in dem zweiten die Stelle gerührt,
wo Du von Deinem Mißtrauen in C[arls] Liebe, von Deinem
Entschluß, Dich von ihm und uns weiter zu entfernen, erzählst.
Tief hab ich jeden Schmerz mit Dir gefühlt, der Dich damals
durchdrang.
Glauben, den unglücklich zu machen, den man liebt, glauben,
daß man ihn einer Verbindung entreißen wird, an die ihn
jener namenlose Zug der Seele fesselt, den Du so schön schilderst
— Gott, welche folternde Qual. Freue Dich jetzt, meine Li,
mit mir, daß Du Dich irrtest, daß Dein C[arl] Dich von seiner
Liebe, seiner wahrlich unbegrenzten, für die Ewigkeit geschaffenen
Liebe überzeugte! Nie werden Dich nun Zweifel jener Art mehr
quälen, Du wirst glücklich sein in der Gewißheit, von ihm geliebt
zu werden. Ich würd es vergebens versuchen, Dir zu beschreiben,
wie tief Deine Erzählung auf mich gewirkt hat. Diese Empfin-

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