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[ Band 1 Brief 8: Caroline an Humboldt Erfurt, Sonntag abend, den 4. Januar 1789 ]
keiten —. In dem beseligenden Gefühl dieser Liebe wird mir das Schwere leichter, und nichts scheint mir mehr unerreichbar — ist es Dir nicht auch so, mein Wilhelm? Doch wozu frage ich auch Dich, der Du dies Leben viel früher als ich in dem Gesichtspunkt betrachtet, in dem ich endlich nun auch anfange, es anzusehen. Du bist jetzt bei ihr, bei meiner, ach vielleicht darf ich schon mit Recht sagen, bei unsrer Caroline. Du genießest die Wonne, sie zu sehen, und labst Dich an dem Anschauen ihrer schönen Seele, warum durft ich diesen Genuß nicht teilen? Wahrlich, die hohe Schönheit ihres Wesens muß jedes fühlende Herz ergreifen, das sich ihr naht. In ihrer Nähe lebt man ein besseres Leben, und mit ihrem kindlich ergebenen Sinn schien sie mir immer ein Ge- schöpf besserer Art, schien mir schon aufgebläht und reif zu einem höhern Sein, nur noch in dieser sterblichen Hülle unter uns zu wandeln, um uns die Tugend liebenswürdiger und die göttliche Ruhe, die ihre Begleiterin ist, anschaulicher zu machen. Ach vergib, wenn ich schwärme, mein Herz wallt über von Liebe und Dankbarkeit, wenn ich ihren Namen nenne — und tausend Erinnerungen von dem, was sie mir schon war, und das Gefühl dessen, was sie mir ist, sich auf einmal in meiner Seele zu- sammendrängt. Montag Ich muß doch nun auch Deinen Brief beantworten, mein Lieber. In der Tat hatte ich die paar Worte, die Du den ersten Tag über Jettes, Brendels und Carls Unzufriedenheit mit Dir hattest fallen lassen, für nichts mehr als Scherz genommen, um so mehr, da mir die Weiber und Carl verschiedenemal geschrieben und nicht eine Silbe berührt hatten, welches Du aus den Briefen, die ich Dir von ihnen gegeben, selbst ersehen wirst. Ich weiß eigentlich nicht recht, was ich über den Vorwurf, den sie Dir machen, daß Du bloß Weiber aufsuchtest, Dich mit ihnen zu weit und mit 17