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[   Band 7   Caroline an Adelheid   ]


»Mit dem Vater ist alles noch in derselben Ungewißheit. Die
Leute reden und reden, allein ich sehe nicht, daß es zu einem
Schluß kommt. Meine Wünsche sind wie die seinen auf nichts
Äußerliches gerichtet. Das ernste, wahre Wohl liegt einem freilich
am Herzen und zwar das, aus dem reinen und hohen Standpunkt
angesehn, der nicht mehr im Persönlichen befangen ist. Aber ob
das erreicht werden kann unter den Bedingungen, die einmal nicht
zu ändern sind, mit den mitwirkenden, vielleicht nicht einmal freund-
lich gesinnten Personen, das ist eine schwer zu beantwortende
Frage. Er hält sich rein, klar und bestimmt in seinen Äußerungen.
. . . Je mehr man ihn [Humboldt] kennen lernt, je tiefer, je
mehr wird er ein Gegenstand unendlicher Liebe und Achtung, denn
einen reineren Zusammenklang wahrer Güte (denn die wahre ist
immer mit innerer Stärke und Klarheit gepaart) und geistigen
Gaben sah ich nie, und gewiß steht er darin unübertroffen und
unübertrefflich.«

Humboldt selbst hat wohl nie ernstlich an seinen Wiedereintritt in
den Staatsdienst geglaubt, er versenkte sich ganz in seine Sprachforschungen
und gab sich der langentbehrten Freude eines Besuchs seines Bruders hin,
der Anfang Januar 1823 zu ihm kam. Alexander Humboldt brachte wie
gewöhnlich »ganz Berlin in Bewegung« und dem Familienkreise die schönste
Erheiterung. Frau von Humboldt schreibt der Tochter Adelheid:

»Wie wünschte ich, geliebtes Kind, daß Du und August
wenigstens die Morgenstunden bei uns sein könntet. Von 8 bis
10, das sind die ruhigsten. Die Masse von Wissen aller Art,
die da zur Sprache unter den beiden Brüdern kommt, ist wirklich
einzig.«

Des Königs Güte erfüllte auch diesen Wunsch, indem Hedemann einen
Urlaub, um den er nicht zu bitten gewagt, erteilt bekam und mit seiner
Frau nach Berlin eilen konnte.
Einen Mißton in den fröhlichen Kreis bringt, wie so oft schon, Theodor,
dessen starrer Eigensinn sich den militärischen Vorschriften nicht beugen will.

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