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[   Band 7 Brief 25:    Caroline an Humboldt     Teplitz, 16. Julius 1820   ]


Das Gedicht hat uns alle sehr erfreut und Deine tätige Sorg-
samkeit für das Reinigen der Schornsteine außerordentlich amüsiert.
Vi conosco a tal segno *). Und Juliane hält Annalen, das ist ja
merkwürdig. Einzig hübsch ist, was Du über den Umgang mit
Prinzen sagst. Ich hasse ihn auch nicht, und wenn Bülow wie
wir denkt, so wollen wir doch einen Kammerherrn in der Familie
haben. Prinzeß Luise ist zu lieb und gut gegen mich. Wenn sie
aber meinen Augen angesehen hat, daß ich ihr sehr gut bin, so hat
sie recht gesehn. Und man sagt, man sähe meinen Augen alles an.
Wenigstens behaupten es die Kinder, und Gabrielle weiß lange
Geschichten ihrer Beobachtungen über meine Augen zu erzählen.

                                         Teplitz, 18. Julius 1820
Ich sitze und warte wieder auf Briefe von Dir, mein teuerstes
Herz, und ich denke, die heutigen werden mir über Deine Reise
nach Ottmachau Gewißheit geben. Heut über 8 Tage denken wir
ja abzureisen. Mit meiner Gesundheit geht es recht leidlich. Ich
habe bei weitem weniger Schmerzen . . .
Ich bin begierig, zu wissen, ob die Wärme endlich bei Euch
eingetreten ist? Hier ist es seit 5 oder 6 Tagen wirklich ungemein
schön und sommerig und doch nicht so drückend, wie damals in
Ems. Sonnabend, wo ich eben mit dem Gehen gut bestellt war,
fuhren wir nach Graupen, einer sonderbaren, alten Stadt, die in
eine Bergschlucht hinaufgebaut ist. Noch höher liegt eine Ruine,
die wohl die Überbleibsel eines Turmes ist. Man hat seit längerer
Zeit die nächste Umgebung in einen Rosengarten verwandelt und
in alle Spalten des alten Gemäuers Rosen eingepflanzt, die über-
haupt hier in der ganzen Gegend ein ganz besonderes Gedeihen
finden müssen. So ist es denn gerade in diesem Monat der höch-

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*) Ich erkenne dich an diesem Zeichen.

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