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[   Band 7 Brief 18:    Caroline an Humboldt     Karlsbad, 29. Juni 1820   ]


Gicht mehr an einer Stelle der Füße fixierte. Hoffentlich tut es
Teplitz.
Das Unglück mit dem Pferde ist mir sehr empfindlich. Ich
habe doch auch nicht ein einzigesmal mit vier Pferden fahren
können, was ich sehr liebe. Es ist kurios, daß man so sehr
scheut, mit einem dummen Pferde zu fahren, da man doch so oft
und lange Zeit mit dummen Menschen umgehen muß. Der soge-
nannte Seifensieder, gloriosen Andenkens, war auch nicht eben von
brillanten Verstandeskräften, und wir sind doch lange Jahre mit
ihm gefahren.
Adelchen ist ja einzig, über den schwierigen Fall des Käse
und der Kirschen Kochbücher nachzuschlagen. Wenn Adelchen
Mutter werden sollte, was ich ihr so herzlich wünsche, so wird
ihr der kleine Anflug von Pedanterie, in dem sie mannichmal be-
fangen ist, gewiß ganz vergehen. Du sagst, es sei keine wie ich.
Das ist wahr, ich fühle es. Meiner allerinnigsten Liebe tut das
gar keinen Abbruch, im Gegenteil, denn ich glaube, es muß
ennuyant sein, sich nach außen immer wiederzufinden. In sehr
vielen Dingen sind sie alle drei besser wie ich. Caroline ist jetzt
ungemein liebenswürdig, sehr heiter, ganz Aufmerksamkeit für mich,
ganz Liebe. Ihre Gesundheit ist mehr wie leidlich, beinah ohne
Anstoß gut. Gabrielle ist in ihrer schönen, blühenden Gesundheit.
Sie sehnt sich nur sehr nach einer Entscheidung und nach Bülows
Abreise, das ist natürlich.
Deine Reiseprojekte, mein Herz, sind sehr schön. Ach, es
wäre ein unsäglicher Genuß, mit Dir die Umrisse des Albaner
Gebirges und die hohe Kuppel wiederzusehen! Du hast mir sehr
in der Freude und der tiefen Wehmut gefehlt, mit der ich es
wieder erblickte. Wir wollen das mündlich überlegen. Viel, so
viel liegt ja noch zwischen der Lippe und dem Becher und — —
— was können Tage und Monde bringen! Aber einmal müßtest

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