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[   Band 6 Brief 191:    Caroline an Humboldt     Rom, 31. März 1819   ]


Die halbe Welt kommt zusammen, nur Du nicht. Ach! und wer
genösse es wie Du! Ich sehe den schönen blauen Himmel mit
einer unbeschreiblichen Wehmut aus meinem Zimmer an, den schö-
nen Himmel, den auch ich nun bald verlassen werde. Werden wir
vereint ihn noch einmal wiedersehen?

                                                      3. April.
Hier strömt alles aus allen Ecken und Enden zusammen, und
Rom ist wirklich nicht mehr Rom. Wir sahen den Kaiser und
die Kaiserin *) ihren feierlichen Einzug in die Stadt, von der Loge
des Papa Giulio aus, halten. Ich sah über die entgegenstehenden,
ziemlich niedrigen Dächer hinweg in die Gegend, die vom reinsten
Himmel umflossen, von der Abendsonne beleuchtet im Schmuck des
Frühlings dalag, und die Augen gingen mir über von Tränen.
Wie schön ist Rom! Ein milder Glanz umfließt es, eine Be-
leuchtung wie aus fernen Welten, auch zieht einen ich weiß nicht
welche tiefe Sehnsucht nach oben hinauf.
Wir reisen den 1. Mai ab, liebe Seele, ich weiß gar nicht,
wohin ich Dich nach den Briefen, die Du nach Florenz sendest,
adressieren soll als nach Mailand. Mein Befinden, wie ich das
Fahren vertragen werde, muß entscheiden, wie lange ich in Florenz
bleibe. Der Gesellschaft und, um sie zu haben, muß ich auch etwas
opfern.
Bernstorff **) (Joachim) und Krusemarck haben mir beide ge-
sagt, daß die Territorialangelegenheiten zwischen Baden und Bayern
wohl nicht zustande kommen werden. Warum hält man Dich nun
nur immer da!
Metternich habe ich auch schon gesehen. Er war sehr ver-

———
*) Caroline Auguste, geb. 1797, Tochter des Königs von Bayern, ge-
schiedene Gemahlin des Kronprinzen von Württemberg.
**) Jüngerer Bruder des Ministers.

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