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[   Band 6 Brief 43:    Humboldt an Caroline    London, 20. Januar 1818   ]


nicht mehr so jugendliche Anstrengungen machen könne. Aber die
Aufgabe, um derentwillen der Fürst dort sei, sei unlösbar. Dies
ist in grellen Farben beschrieben, vielleicht übertrieben. Die
Amalgamation werde, wenigstens ohne Konstitution, nie vor sich
gehen. Sehr viel und auch in seinen hyperbolischen Ausdrücken
schreibt er über die Art, wie er in Weimar geachtet und geliebt
sei. Der Herzog hat die Preßfreiheit und selbst die Wartburg
männlich verteidigt, und es soll auch mehr Gedrucktes sein, als wir
aus Zeitungen kennen. Er wird es mir schicken. Dann verlangt er
unendliche Dinge von hier, vorzüglich Medizin in schrecklichen Quanti-
täten, in jeder Zeile wenigstens die gewöhnliche Lebendigkeit.
Endlich ein Brief von Flemming *) vom 28. September. Die
himmlischsten Details über alle brasilianischen Sitten, vorzüglich
über gewisse Flöhe, die einem in die Haut kriechen, und die man
sich entweder durch einen Neger oder durch einen Arzt mit zwei
Sternen (nämlich der Arzt hat die Ordenssterne dabei an) aus-
ziehen läßt. Alles ist in Bildern aus der Tropenwelt geschrieben,
an einem europäischen Brief saugt er wie ein Kolibri und schwirrt
darum herum, bis auch nicht ein Tröpfchen Tau mehr darin ist.
Dann eine himmlische Schilderung der Lust zum Farniente in der
schönen Luft. Man legt dann, sagt er, seine Hände in den Schoß,
wenn auch nicht immer in den eigenen. Es ist unendlich schade,
daß Flemming Graf und reich ist. Er wäre ein ausgezeichnetes
komisches Talent geworden.
Nun will ich schließen, süßes, teures Herz. Verzeih die Ver-
wirrung dieses Briefes. Umarme die Kinder, die Du bei Dir
hast und umarmen kannst, und grüße die anderen von mir still und
lebe wohl.

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*) Vgl. S. 74.

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