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[   Band 5 Brief 123:    Caroline an Humboldt     Karlsbad, 19. Juni 1816   ]


123. Caroline an Humboldt                 Karlsbad, 19. Juni 1816

Meine liebe, teure Seele!
Seitdem ich letzthin durch Deine Briefe so reich war, habe
ich nichts weiter bekommen. . . . Seit vorgestern nacht
regnet es leider ununterbrochen, der kleine Fluß des Tals
ist zu einer ungemessenen Höhe angeschwollen und braust so furchtbar,
daß es wirklich unbequem ist, dies Geräusch immerfort vor den
Ohren zu haben. Auch kann man nicht ausgehen und muß den
Brunnen im Zimmer trinken, was sehr fatal ist.
Der Staatskanzler hat geschrieben, er sei durch Geschäfte
abgehalten worden und werde erst den 22. eintreffen. Wenn er
nur da kommt!
Gestern hatten wir hier einen Ball, den die Preußen der ganzen
hiesigen Badegesellschaft gaben zu Ehren des 18. Junius. Es war
alles so hübsch eingerichtet, wie das hiesige Lokal es erlaubt, der
Alte wurde mit Pauken und Trompetenschall empfangen, doch ich
will Gabriellchen nicht vorgreifen, die Dir gewiß alles selbst schreibt.
Blücher war sehr heiter, ein Männerdiner war dem Ball voran-
gegangen, er wußte im Hereintreten gleich den jungen Mädchen
etwas Freundliches zu sagen. Später kam er auf mich zu und
erkundigte sich sehr angelegentlich nach Dir, und ich möchte Dich
tausendmal grüßen.
Endlich gestern habe ich die Freude gehabt, einen Brief von
unsrer Adel zu empfangen, ich lege Dir den Brief ein, er wird
Dir auch Freude machen. Ich entbehre sehr viel, das liebe,
holde Wesen nicht zu sehen, aber die Gewißheit ihres Glücks
tröstet mich.
Über die Anlagen in Burgörner, die gemachten, die sehr be-
deutend sind, und die noch zu machenden werde ich Dir mündlich
reden und die schönsten Rechnungen mitbringen. Es hat natürlich

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