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[   Band 5 Brief 36:    Humboldt an Caroline    Paris, 30. September 1815   ]


ist einige Volksbewegung gewesen, die aber die Arbeiten nicht ge-
hindert hat. Allein diese nächste Nacht weiß man, daß es ärger
werden soll, und ich vermute, daß man diese Nacht nicht arbeiten
wird, ob es gleichviel klüger wäre, es nur mit stärkerer Wache zu
tun. Rede hiervon aber noch nicht, ehe man den Ausgang recht weiß.
Der Kaiser Alexander ist gestern und der Kaiser Franz heute
weggegangen, ersterer nach Brüssel, letzterer nach Dijon. Der König
geht vermutlich am 4. ab, da er am 3. noch eine Revue des dritten
Thilmannischen Armeekorps hat.
Meine Einrichtung beschäftigt mich hier sehr. Ich kaufe nur
das Notwendigste. Allein das Mieten ist so teuer, daß es gar nicht
Rat ist, diesen Ausweg zu nehmen. So z. B. hat das sonst sehr
gute und auch wohlfeile Haus zufällig keine Lüsters. Nun soll
ein Lüster, den man für 900—1000 Franken kauft, zu mieten auf sechs
Monate 180 Franken kosten. Da ist er in zweieinhalb Jahren bezahlt.
Ich werde vermutlich zwei kaufen. Über ein Porzellanservice bin
ich im größten Handel. Alle Berliner sagen mir, daß das hiesige
wohlfeiler ist. Allein auch nicht sehr schön, aber mit 15 Dutzend
Tellern und einem vollständigen Dessert, doch ohne Schüsseln und
Terrine, wird es immer gegen 2500 Franken kosten. Außerdem
braucht man einen Surtout mit Bronzen, da sonst nichts hier Mode
ist, was auch ungefähr dasselbe kostet. Am wohlfeilsten sind Gläser.
Für 3—400 Franken hat man viel und schöne. Aber bei Küchen-
zeug fällt man beinah in Ohnmacht. Außer diesen Dingen brauche
ich einen Wagen, sonst aber für jetzt auch nur Kleinigkeiten, müßte
ich aber nach sechs Monaten ein unmöbliertes Haus mieten, so sehe
ich nicht hin. Jedermann ist hier in Seide mit unendlichen Bronzen,
und so, daß fünf bis sechs Stuben gleich 30, 40 000 Franken kosten
können. Ich denke aber immer, daß es besser ist, etwas mehr Miete zu
geben und sich nur nach und nach einzurichten, wenn der Aufenthalt
hier lange dauern sollte, was aber freilich wohl nicht der Fall sein wird.

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