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[   Band 4 Brief 133:    Humboldt an Caroline    Chatillon, 23. Februar 1814   ]


befreit, deren man sich nie entschlagen kann, solange viele, die man
liebt, und Gegenstände, die einem heilig sind, noch von Gefahren
umschwebt bleiben.
Wenn ich auf die Ereignisse blicke und an den Sinn denke,
mit dem Du, gerade das Tiefste und Innerste empfindend, was sie
einflößen müssen, sie aufnimmst, so sehe ich doch diesem Jahr nicht
ohne einige Bangigkeit entgegen. Ich sage das nicht der jetzigen
kleinen Unfälle wegen. Diese können im ganzen eigentlich nicht so
viel ändern. Nein, warum ich es sage, ist, weil dies Jahr endigen
muß, was das vorige schön und glänzend begonnen hat, und wie
das Schicksal nun auch die Dinge füge, so wird das Errungene
immer zu wenig scheinen, oder das, was diesen Schein nicht an
sich trüge, schwer oder vielleicht unmöglich zu erringen sein. Ohne
eine gewisse Wehmut ist es also nicht möglich, in dieses Jahr ein-
zugehen. Es ist aber die echt menschliche, die nichts einzeln
anklagen kann als das Schicksal alles Menschlichen überhaupt,
in dem auch die schönste Frucht nie der frohen Pracht der
Blüte entspricht.
Was dagegen, unabhängig von allem Resultat immer gleich
herrlich und glanzvoll bleiben wird, ist die so vielfach, so helden-
mütig verherrlichte Gesinnung, und die muß man eigentlich überall
nur suchen. Aus ihr geht auch, selbst in kummer- und schmerz-
vollen Zeiten, wie diejenigen, in denen viel teure Opfer fallen
müssen, immer sind, wieder Glück hervor, wie Pflanzen aus Felsen-
ritzen, und rankt sich fest um die Brust, und nur auf dies Glück
muß man fördernd rechnen, alles übrige nur dankbar, aber als
unerwartete Gabe empfangen.
Dieses Glückes, teure Li, kannst Du von den Kindern und mir,
von anderen, denen Du viel bist, sicher sein, und die Kinder und
ich wollen auch dies Jahr Dir das Leben recht leicht und süß
machen. Komme nur, wie das Frühjahr etwas freundlicher wird,

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