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[   Band 4 Brief 86:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 12. November 1813   ]


kräftige Bonmots ausgezeichnet. Unter anderem hat er einmal
eine Gesundheit ausgebracht: »Altdeutsch, oder am Galgen!« Das
ist wirklich hüsch und wenigstens sehr bündig. Der Kronprinz
war in Hannover, die Freude und der Taumel waren dort un-
beschreiblich, und die Illumination soll alles, was man sonst in
der Art sieht, übertroffen haben.
Ein ehemaliger Präsident in Halberstadt, Wedell, ist einen
sehr schönen Tod am 16. in Möckern gestorben. Er wurde bei
Anfang des Krieges Hauptmann in der Landwehr, nahm sich
sehr gut und wurde zum Kommandeur eines Bataillons gemacht.
Als das Dorf Möckern in den Händen des Feindes war, marschierte
er drauf, sagte seinem Bataillon: »Heute, Kinder, wird das
Schicksal Europas entschieden, da müssen wir Gott um Sieg bitten
und draufgehn.« Er kniete dann nieder, das Bataillon folgte, und
sie beteten. Darauf verdrängte er den Feind aus dem Dorf,
ward aber durch Übermacht wieder daraus vertrieben, nahm es
zum zweitenmal und erhielt, als er am anderen Ende des Dorfes
ankam, eine Wunde im Unterleib. Er fühlte gleich, daß sie tödlich
war, kniete abermals, dankte Gott für das Gelingen des Angriffs
und sank tot nieder.
Eine andere Anrede des Generals Horn *) an seine Truppen
ist auch sehr hübsch. Der Feind war im Begriff sie anzugreifen,
der General sagte bloß die kurzen Worte: »Die wollen besser als
wir sein. Sie wollen uns angreifen.« Darauf riefen alle ein-
stimmig: »Das wollen wir nicht leiden, wir sind besser, führen Sie
uns gegen sie.« Und so drangen sie, den Feind werfend, viel weiter
vor, als die Anordnung der Schlacht es verlangte. Täglich hört
man eine Menge solcher kleinen Züge.

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*) Heinrich Wilhelm v. Horn, geb. 1762, † 1829, befehligte eine
Brigade des Yorkschen Korps.

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