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[   Band 3 Brief 214:    Humboldt an Caroline    Berlin, 28. Julius 1810   ]


eilen willst daß Dir jeder Ort gleich ist, wo Du mit mir lebst.
Du bist immer gleich lieb, gleich süß, gleich himmlisch.
Bis zum 15. Oktober sehen wir uns wieder. Ich könnte, wie der
Herold im Agamemnon, und mit tiefer Wahrheit sagen: »zu sterben
verweigr’ ich dann den Göttern nicht!« Ich freue mich unbeschreib-
lich auf den Winter. Wir wollen recht zusammen, recht in dem
langentbehrten Genuß leben. Meine Geschäfte können nicht über-
häuft sein, mit den Gesellschaften soll sich’s auch schon machen.
Die meiste Zeit bleibt für unser Zusammensein und eigenes Studium.
Denn dahin muß ich notwendig zurückkehren, wenn ich nicht vielem
Besten fremd werden will. Hier habe ich gar nichts tun können.
Schone Dich nur recht, mein Engelskind, komm mir recht heiter
und froh nach Wien. Gott! welch ein süßer Augenblick, wenn
Du mir Hermann entgegenbringst. Am 15. Oktober kann auch
Theodor schon bei uns sein.
Lebe wohl, inniggeliebtes Wesen, ewig, ewig Dein H.


215. Humboldt an Caroline                 Berlin, 31. Julius 1810

Ich bin dem Tage meiner Abreise jetzt sehr nahe, nur
kann ich ihn noch nicht genau bestimmen. Ich wollte
am 4. August, dem Tag nach Königs Geburtstag, ab-
gehn, allein der König will mich noch sprechen, und da er jetzt
sehr wenig zu Geschäften gestimmt ist, so kann mich das sehr leicht
noch acht Tage länger aufhalten. Du fühlst, daß man in dieser
Zeit nicht dringend sein kann. Der arme König leidet entsetzlich;
noch gestern sah ich ihn in einer wirklich entsetzlichen Situation.
Es war der Abend der Beisetzung der Königin. Der König folgte
selbst, und wie er und die Prinzen durch die Zimmer des Schlosses

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