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[   Band 3:    Überblick   ]


schlossenheit aber, die nach Steins erzwungener Entlassung die
damalige Regierung bezeichnet, wurde die Einführung dieses Staats-
rats unterlassen und damit die Selbständigkeit der Geheimen
Staatsräte zur Phrase gemacht.
Wir sind in den vorliegenden Briefen Zeugen von den
Schwierigkeiten, die sich Humboldts Wirksamkeit entgegenstellten,
wir sehen ihn inmitten von Hof- und Staatsintrigen, seiner vor-
nehmen Natur getreu, mit überraschender Offenheit und mit der
Unparteilichkeit handeln, die nur der haben kann, dem die Sache
jeder Anstrengung wert ist, der aber für sich selbst nichts fordert
und nichts erwartet. Sein hoher Idealismus, seine Menschen-
kenntnis, verbunden mit vollendeter Grazie der Formen, eine
gewisse unvertilgbare Heiterkeit bei eisernem Fleiß machten es ihm
möglich, trotz aller Hemmnisse Bewunderungswürdiges in anderthalb-
jähriger Wirksamkeit zu leisten und dem preußischen Unterrichts-
wesen seinen idealistischen Charakter für alle Zeit aufzuprägen.
Die Gründung der Berliner Universität hat Preußen Humboldt
allein zu danken.
Schon der kühne Gedanke, in dieser Zeit bitterer Not Opfer
zu fordern für Bildung und Wissenschaft, entsprang einem Idealis-
mus, den auf diesem Gebiet damals nur wenige haben konnten,
und es ist ein herrliches Zeugnis für die sittlichen Kräfte, die das
erniedrigte Preußen noch besaß, daß Humboldt nicht vergeblich
diesem Idealismus vertraute. Humboldt folgte auch hier durchaus
seiner Überzeugung, daß die universelle Bildung des Individuums
die Grundlage alles kulturellen und politischen Fortschritts sein
müsse. Nach diesem großen Gesichtspunkt hatte er einen Plan
entworfen, der seinen eigenen Worten zufolge »von der kleinsten
Schule an bis zur Universität alles umfaßte, und in dem alles
ineinandergriff«. Wäre es ihm vergönnt gewesen, diesen Plan ganz
auszuführen! Allein Neid und Mißtrauen einerseits, kurzsichtige Ängst-

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