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[   Band 2 Brief 115:    Caroline an Humboldt     [Paris], 12. November 1804   ]


kann. Du weißt, daß ich mit Herrn Hase in Unterhandlung stand
und daß ich es für höchst wahrscheinlich hielt, daß er zu uns kommen
würde. Alexander meinte es wie ich und Kohlrausch. Er zögerte und
zögerte von einem Tag zum andern, uns die letzte Entscheidung zu
geben; mir fing es an zu ahnden, daß er sich nicht für das An-
nehmen der Stelle entscheiden würde, und so war es. Durch seinen
eignen Vorschlag wandten sich meine Pläne auf Sikler, derselbe, dem
Schweighäuser *) schon vor eineinhalb Jahren den Antrag gemacht hatte,
zu uns zu kommen, und nach dem ich mich vergebens bei meiner
Ankunft allhier erkundigt hatte . . . Ich hoffe, in einigen Tagen mit
ihm in Richtigkeit zu kommen. Es ist freilich fatal, daß das alles
sich so in den letzten Tagen vereinigt, allein was kann ich machen?
Eine andre Unannehmlichkeit bei Sikler ist die, daß er erst im Mai
seine jetzige Stelle verlassen und zu uns kommen kann; allein da
ich den Winter kein kleines Kind habe, so kann und will ich mich
gern regelmäßig mit Theodor und Caroline beschäftigen, und so
werden denn auch diese Monate hingehn. Du siehst, diese Sache
muß ich vollkommen ins reine haben, ehe ich gehn kann, allein ich
hoffe, noch diese Woche damit fertig zu werden. Glaube auch nicht
etwa, daß Sikler aus Not zu uns geht. Das ist immer eine fatale Idee.
Mit meiner Gesundheit bin ich über meine Erwartung zufrieden.
Ach, aber mein Herz! Wie sehne ich mich an das Deine, mein
Wilhelm, wie mein’ ich, nur bei Dir mich ganz aussprechen zu
dürfen! Heimlich schaudert es mir auch, mein süßes, süßes Mädchen
so allein, so ganz allein in der fremden Erde zu lassen, sie, die
keinen Augenblick von ihrer warmen Mutterbrust sich entfernen konnte,
ohne nicht wieder nach ihr zu verlangen, sie liegt so fern, so einsam
und allein!! Heiliger Gott, wozu bewahrt mich noch das Schicksal!
Sie war der Engel meines Lebens, sie schien mir ein durch wunderbare

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*) Gottfried Schweighäuser, Philolog und Archäolog, 1772—1844, lebte
seit 1796 in Paris. Vgl. S. 196.

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