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[   Band 1:    Einleitung   ]


Bund, und schwerlich hätte er eine Persönlichkeit finden können,
die mit größerer Begeisterung auf diese Ideen eingegangen wäre.
Ihr ganzes Wesen war, bei einem sehr klaren Verstande, auf
Lieben und Schwärmen gestellt, während ihre Umgebung ihr in
dieser Hinsicht wenig oder nichts bot.
Sie war als einzige Tochter des preußischen Kammer-
präsidenten v. Dacheröden im Jahre 1766 zu Minden geboren und
hatte achtjährig schon die Mutter verloren. Der Vater wird in
der »Chronik von Erfurt 1736 bis 1815« erwähnt als "einer
unsrer verdientesten und verehrtesten Patrioten, der Beschützer der
Wissenschaften, der Gönner vieler Gelehrten und Künstler und der
großmütige Wohltäter der Armen".
Er beschäftigte sich nicht gerade viel mit der Tochter, hing
aber dennoch mit großer Liebe an ihr und konnte sich später nur
schwer in den Gedanken finden, sie fortzugeben. Er lebte mit
ihr im Winter in Erfurt, im Sommer auf seinen Gütern Burg-
örner im Mansfeldischen oder Auleben in der Goldenen Aue. Die
französische Erzieherin, Madame Dessault, die er seiner Tochter
gab, war wenig geeignet, dem Kinde die Mutter zu ersetzen.
Glücklicher war die Wahl Zacharias Beckers, den er für seinen
Sohn Ernst (geb. 1765) als Hofmeister ins Haus genommen hatte.
Becker, selbst noch jung, bewies schon hier sein Erziehungstalent,
das ihn später als Volksschriftsteller und Herausgeber einer Zeit-
schrift für die deutsche Jugend rühmlich bekannt gemacht hat. Er
gewann einen tiefen und nachhaltigen Einfluß auf Caroline, und
wir hören sie in der Folge oft wiederholen: "Ihm dank ich alles,
alles, was ich bin."
Auf Ernst v. Dacheröden scheint Beckers Erziehung weniger
Eindruck gemacht zu haben. Er war gutartig und nicht unbe-
gabt, aber in keiner Weise hervorragend und ermüdete seine Um-
gebung durch immerwährendes kleinliches Geschwätz. Als kurfürstlich


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