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[ Band 6 Brief 101: Humboldt an Caroline London, 14. Julius 1818 ]
Über mich, was mir, da unser früheres oder späteres Zusammen- kommen davon abhängt, jetzt wichtiger als alles übrige ist, weiß ich schlechterdings keine Silbe mehr. Ich habe gestern eine vom Staatskanzler unterschriebene Depesche vom 21. v. M. bekommen, die aber kein Wort über Aachen enthält, und die mir über die Zusammenkunft schon unterm 9. Julius versprochene ist noch immer nicht angekommen. Von Laroche *) habe ich über mein Gesuch der Abberufung einen äußerst hübschen Brief, aus dem ich Dir die ganze Stelle abschreiben muß: »Daß Du Deine Zurückberufung verlangt hast, hat hier große und verschiedene Sensation gemacht. Die meisten kennen Dich nicht als einen Mann, der geneigt ist, der einfachen Ansicht der Umstände und Verhältnisse, dem inneren Wohlsein, der Liebe zu seiner Familie zu folgen, und suchen aller- hand politische An- und Absichten darunter; man lasse sie. Ich genehmige es über die Maßen, und so alle, welche eines besseren Denkens fähig sind. Ich habe mich sehr über Deinen Ent- schluß gefreut, und mir ist ein biblischer Spruch dabei ein- gefallen: Gott lasse es Dir übrigens gesegnet sein! Hier geht die Rede, man werde Dich nach Frankfurt an den Bundestag senden, und darüber ist ganz allgemeine Freude aller. Da freue ich mich denn auch mit. Ist die Sache unwahr, so halte ich für ganz außerordentlich gut, daß Du den Leuten zeigest, daß Dich nicht Gehaltsgeiz noch Ehrgeiz fesseln, daß Du der Welthändel entbehren kannst und freudig Dir selbst und den Deinen leben. Beharre dabei, es tut gewiß im ganzen gute Wirkung, und ich stehe dafür, die andern kommen zuerst wieder.« Du wirst, süße Li, mit mir der Meinung sein, daß es nicht möglich ist, eine vernünftigere Ansicht der Sache zu haben; man sieht recht daraus, wie die richtige Beurteilung der Verhältnisse weit mehr aus der eigenen Einfachheit des Gemüts als aus dem ——— *) Carl v. Laroche, geb. 1766, † 1839. Vgl. Bd. I. 246