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[ Band 5 Brief 122: Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. Junius 1816 ]
Ich weiß wohl, daß man an mir bestimmt tadelt, daß ich keine Partei habe und mir keine mache. Eine Partei, weiß ich, werde ich haben in allen Sachen, für die man mehr Vertrauen auf mich haben wird, wie auf andere, und das ist die einzige Partei, die man in Geschäften haben muß. Mir eine Partei machen werde ich nie, weil man dadurch immer abhängig von andern wird, und ich sehr gut allein gehen kann. Aus diesem festen Wege wird mich niemand herausbringen. Ich überlasse es dem Schicksal, ob es mich tief in Staatsgeschäfte führen wird oder nicht. Geschieht es, so wird es auch gut sein. Geschieht es so nicht, so würde es nur zum Schlimmen ausschlagen, wenn ich es erzwingen wollte. Ich habe keine Begierde danach, ich habe gottlob in mir ein einfacheres und mich mehr beglückendes Leben. Ich liebe Dich, ich kann aus Deine Liebe und Treue zählen, mir fehlt, so lange Du mir bleibst, nichts, und nach Dir will ich nichts mehr sein. Davon haben die Leute keinen Begriff und brauchen keinen zu haben, von dem inneren Schatz im Herzen, von dem Glück, das einem unverdient und unerworben durch die reine Güte und Liebe eines gleichgesinnten Wesens zukommt. Damit kann man alles sein, und damit kann man alles entbehren. Mögen die Menschen mich immer kalt nennen, ich weiß, daß ich es nur bin, weil ich in einem Gefühl lebe und ewig leben werde. Wenn der Fürst mit Dir von mir und meiner Bestimmung reden sollte, so sage ihm recht aus meinem Herzen, daß ich ihn innig und herzlich liebe und schätze, daß ich gern in Berlin sein, und daß mir dann nichts mehr am Herzen liegen würde, als ihm seine Geschäfte, soviel ich könnte, zu erleichtern. Sage ihm aber, daß ich für mich gar kein Verlangen nach anderen Geschäften habe, als die mir jetzt aufgetragen sind, daß meine innere Zufriedenheit an keiner äußeren Wirksamkeit und keiner Stelle hängt, daß ich mehr, als es ein anderer Mensch je fühlen kann, von allem un- 268