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[   Band 5 Brief 103:    Caroline an Humboldt     Berlin, 19. April  1816   ]


Der Tod der Kaiserin *) schmerzt mich ungemein. Ich weiß
wohl, daß sie ohne Einfluß war, allein sie dachte doch wohl im
ganzen auf eine eminentere Weise wie man dort denkt. Nun,
wohl ihr! sie hat ausgelitten und braucht den Fürsten Trautmans-
dorff **) nun nicht mehr aimable zu finden. Der König soll sehr
von ihrem Hintritt erschüttert sein.
Ich hoffe morgen wieder zu schreiben, ich umarme Dich und
bin ewig Deine treue Li.


104. Humboldt an Caroline                  Frankfurt, 30. April 1816

Du erhältst diesen Brief, liebe Li, durch eine Estafette. Ich
bin im lebhaftesten Krieg mit Darmstadt, das sich nicht
in die Abtretungen finden will, die man von ihm verlangt,
und werde daher wohl noch öfter durch außerordentliche Gelegen-
heit schreiben müssen. Ich habe indes Deinen Brief vom 23. be-
kommen, und es hat mich sehr geschmerzt zu sehen, daß es mit
der Gesundheit der armen Caroline doch immer noch nicht gut
geht, sie vielmehr aufs neue viel leidet, und dies Dir auch natürlich
Kummer und Unruhe macht. . . .
Es ist mir sehr eigen, daß Du nach Karlsbad kommst. Als
ich im Jahre 1812 dort war, ging ich mit Goethe spazieren an
einem sehr schönen Tage und versprach mir ordentlich, Dich nicht
wieder einen Sommer in dem traurigen Wien zu lassen. Nun
kommst Du viel später und nach unendlichen Begebenheiten aber
doch hin. Es ist mir lieb, daß Du auch Teplitz siehst. Es wird
Dich vielfach an den Krieg erinnern.

———
*) Maria Ludovica Beatrix, geb. 1787, † 1816, Tochter des Erzherzogs
Ferdinand von Österreich-Este, seit 1808 dritte Gemahlin des Kaiser Franz II.
**) Ferdinand Fürst Trautmansdorff, geb. 1749, † 1827, seit 1807 erster
Oberhofmeister des Kaisers Franz.

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