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[ Band 5 Brief 102: Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. April 1816 ]
Sie halten Ilgens Ehre beleidigt, an den Pranger gestellt, er will gleich den Abschied nehmen, außer Landes gehen, kurz alle die Hef- tigkeit jetzt wie vorher die Lebhaftigkeit der Freude. Ich habe schnell Nicolovius geschrieben. Man muß suchen, ihn durch ein eigenes Schreiben des Ministers zu heben. Ihm werde ich ernstlich schreiben, daß das Abschiednehmen Torheit sein würde, ihm zu verstehen geben, daß alle Unannehmlichkeit nur entstanden sein kann dadurch, daß er zu große Genugtuung über den Adel öffentlich bewiesen hätte, und also ein so öffentlicher Schritt als sein Abschiednehmen ihm noch mehr Blöße geben würde, und werde ihn ermahnen, mit einiger Männlichkeit eine sehr unbedeutende, wenn gleich allerdings unangenehme Sache zu ertragen. Es ist unbegreiflich, wie Mann und Frau haben in den Irrtum fallen können. Es war bloß die Adresse und hochwohlgeboren im Brief. Daß ihnen nicht eingefallen ist, daß, wenn man sie geadelt hätte, man doch dessen im Brief erwähnt haben würde! Sie müssen ganz blind gewesen sein. Immer aber tun sie mir leid, denn gewiß ist es, daß Neider und Feinde, mit denen sie in den kleinlichsten Verhältnissen zusammen wohnen, entsetzlich triumphieren werden. . . . Es ist doch im Grunde jetzt ein besserer Geist und Sinn in den jungen Leuten in mancher Hinsicht, als wie ich in dem Alter war. Sie haben in der Regel mehr Gemüt und hängen so mehr an den zugleich menschlich natürlichsten und höchsten Dingen, an Religion, Vaterland, Eltern. Zu meiner Zeit war das alles sehr locker und lose, und man mußte es nur durch seine eigenen Ideen zusammenknüpfen, wozu denn nicht jeder kommt. Lebe wohl, meine innigstgeliebte Seele. 232