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[ Band 5 Brief 99: Humboldt an Caroline Frankfurt, 7. April 1816 ]
anderen vorzüglich. Es ist ein schwer, aber nicht unmöglich zu behandeln- des Verhältnis, aber man muß es behandeln und kann es nicht liegen lassen. Das, glaube ich, geschieht jetzt, da man denkt das Militär nicht zu brauchen, wodurch sich dieses dann natürlich gekränkt fühlt. Für des Staatskanzlers Gesundheit fürchte ich so sehr nicht. Er hat eine treffliche Natur, die ihn, noch dazu bei gehöriger Sorg- falt, nicht im Stich lassen wird. Es ist auch gar kein Zweifel, daß sein Abgang, wie es immer nachher werden möchte, ein wahres und ganz eigentliches Unglück wäre, und auch in dieser Hinsicht, die große persönliche Zuneigung, die ich zu ihm hege, noch abgerechnet, würde er mich sehr schmerzen. Wie glücklich werde ich mich fühlen, teure Seele, wenn ich über all diese Dinge mit Dir traulich und heimlich reden kann. Mir fällt unendlich oft bei der Trennung von Dir ein, was in den Alten von der Beraubung der Freiheit gesagt wird. Es ist die Hälfte des Lebens und die beste geraubt. Ich bin eigentlich von allem unabhängig, auch von allen Menschen, ich könnte, wenn es mir auch oft an mir selbst nicht gefällt, ganz allein sein, nur von Dir bin ich es nicht, sondern so abhängig, daß ich es Dir nicht einmal ganz so sagen mag, wie es ist, weil ich denke, daß es Dich ängstigen oder quälen könnte. Es ist das Gefühl, was durch Dein Wesen, wie ich es zuerst aufgefaßt habe, entstanden ist, und was nun sogar noch die Zeit mit allem in mir unauflöslich verknüpft hat. Wenn ich nur jetzt eine lange Zeit ungetrennt mit Dir leben kann. Aber ich traue dem Schicksal nicht mehr, es kommt mir vor, als hätte es uns seit Rom aus der süßen Traulichkeit des Lebens herausgestoßen, die uns nun ungestört nie wieder würde, und das macht mich oft sehr wehmütig. Lebe wohl, mein süßes, inniggeliebtes, einziges Leben. Ewig Dein H. 227